Veränderung beginnt im Kopf. Und wenn ganze Unternehmen in einen Veränderungsprozess geführt werden sollen, dann liegt der Schlüssel für den Erfolg ebenfalls im Kopf des Unternehmens, also: Beim Management. Folgerichtig schreiben die Autoren von Digital Offroad: „Die digitale Transformation ist weniger eine Frage der Technologie, sie ist eine Frage der Führung, Leadership und Management zählen. (…) Lern- und Veränderungsregeln der Organisation müssen angepasst werden.“ (S. 10). Genau. Volle Zustimmung. Sodann laden sie Autoren im Vorwort ein zu einer „spannende[n] Reise abseits des Management-Mainstreams“.

Erwartungsvoll habe ich daraufhin die Reise begonnen – und alsbald abgebrochen. Ich sage es gleich vorweg, ich habe 4 von 12 Kapiteln gelesen, danach war meine Geduld erschöpft: Von Offroad keine Spur. Alter Wein in neuen Schläuchen. Die Autoren empfehlen etwa „Gesunde Paranoia“ als wichtiges Element einer neuen Geisteshaltung, damit das Unternehmen „von zukünftigen Umwälzungen und Disruptionen nicht kalt erwischt wird, sondern diese idealerweise selbst vorantreibt“ (S. 48). Wir kennen bereits die „Productive Paranoia“ von Jim Collins (aus: „Great by Choice“), wir kennen Porters Five Forces, wir kennen die klassische Wettbewerbsanalyse. Was ist hier neu, was ist daran „abseits des Management-Mainstreams“?

Im Kapitel „Lost in Navigation?“ lesen wir: „Im Digital Offroad sind Innovationen aber auch Lösungen der alten Schule gefragt. Anstatt auf Metaebene zu agieren, sollten Unternehmen zeitweilig den Tempomaten und alle anderen Bordcomputer ausschalten und zum Selbststeuern übergehen. Dies bedeutet: den konkreten Austausch mit den Kunden zu suchen und sich auszutauschen. Eine Analyse aus der Satellitenperspektive mittels Big Data und Market Research ist sicherlich dennoch sinnvoll. Diese übergeordnete Sichtweise kann wie eine Webcam oder Drohne ein Weitwinkel-Standbild bzw. Luftbild produzieren. Die gefährliche Schlaglöcher, Bodenwellen und Kurvenwindungen auf Bodenhöhe können aus dieser Entfernung jedoch nicht rechtzeitig erkannt werden.“ (S. 112). Was, mit den Kunden reden? – Ich bitte Sie!

Was mich am meisten irritiert hat, war die überwiegend positive Bewertung des Buches bei Amazon. Das Buch kommt auf 4,5 von 5 Sternen im Schnitt. Wirklich treffend finde ich hier nur die kritischen Rezensionen: ”Buzzwordbingo ohne echte Inhalte und ohne echte Beispiele“ oder: “Vor allem in Anbetracht des Preises hat mich das Buch auf ganzer Linie enttäuscht. Es war nicht das erste Buch, das ich zum Thema gelesen habe, und leider enthält es exakt nichts Neues. Stattdessen werden Allgemeinplätze in halbwegs flüssigem Schreibstil aneinandergereiht.“

„Digital Offroad. Erfolgsstrategien für die digitale Transformation“ der Autoren Ulf Bosch, Stefan Hentschel, Steffen Kramer (Verlag Haufe Group, 25 EUR, Erscheinungsjahr 2018, 200 Seiten)

Wer als Unternehmer vor der Herausforderung steht, eine „digitale Transformation“ seines Unternehmens erfolgreich zu orchestrieren, steht ja vor vielerlei Aufgaben: Die technischen Trends verstehen. Mitarbeiter mit Digitalkompetenz gewinnen. Digitalkompetenz bei bestehenden Mitarbeitern entwickeln. Digitale Ideen mit den bestehenden USP im Unternehmen entwickeln und umsetzen. Innovationsmanagement. Für einige dieser Herausforderungen reicht die Lektüre von Klassikern der Managementliteratur. Der vorgenannte Jim Collins hat nach wie vor Gültigkeit. Und für Innovationsmanagement liefert Dr. Peter Kruse immer wieder interessante Impulse – und dies in überaus unterhaltsamer Weise:

Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.