Warum überhaupt Quantencomputer, sind die heute verfügbaren Rechner nicht leistungsfähig genug für die zu bewältigenden Rechenaufgaben? - Zwar nimmt die Rechenleistung stetig zu, jedoch stoßen umfangreiche Rechenmodelle wie Wettersimulation oder Algorithmen zur Verkehrsflussoptimierung mit bestehenden Rechenkapazitäten schnell an Grenzen. Tatsächlich können demgegenüber Quantencomputer enorm große Datenmengen verarbeiten. Ein Quantencomputer könnte etwa (mindestens in der Theorie) die Bewegungsdaten aller Fahrzeuge einer Stadt dergestalt verarbeiten, dass in einem Rechenmodell Ampelschaltungen, Durchschnittsgeschwindigkeiten aller Fahrzeuge im Modell und weitere exogene und endogene Faktoren so berücksichtigt werden könnten, dass jedes Fahrzeug optimale Fahrtrouten zur Stauvermeidung angezeigt bekäme und auch die Prognose zur Ankunftszeit deutlich genauer erfolgte als heutige Schätzungen.

Was unterscheidet den Quantencomputer vom herkömmlichen Computer? - Ein erster Unterschied besteht darin, dass heutige Computer auf der binären Logik von 0 und 1 basieren (Strom fließt, Strom fließt nicht). Zwar kennt auch der Quantencomputer die Bits, aber das Bit eines Quantencomputers kann ALLE Zustände zwischen 0 und 1 annehmen; dies heißt dann Quantenbits oder auch Qubits. Der Zustand zwischen 0 und 1 wird Superposition genannt. Der zweite Unterschied: Diese sogenannten Qubits können miteinander verschränkt werden, das heißt: Das Verhalten des einen Qubit beeinflusst das Verhalten des mit ihm verschränkten Qubit. Es gilt die Faustregel: Je mehr Qubits in einem Quantencomputer miteinander verschränkt sind, desto mehr Rechenleistung. Die höchste Anzahl verschränkter Qubits gelang bislang der Firma Google, und zwar mit 72 Qubits.

Um das Potential von Quantencomputing in der Praxis voll nutzen zu können, ist noch viel Forschung erforderlich: Es gibt noch zahlreiche Herausforderungen zu lösen. So gelingt es etwa nur für um die 100 Millisekunden, den Zustand der Superposition eines Qubits stabil zu halten. Und bereits hierfür ist ein enormer Aufwand erforderlich, Quantencomputer in den Forschungslaboren sind so groß wie Großrechner in den Anfängen der Computergeschichte.

Tatsächlich aber gibt es bereits erste kommerzielle Anwendungen von Quantencomputern bzw. von Technologien, die vom Funktionsprinzip eines Quantencomputers inspiriert sind; hierbei handelt es sich um Technologie, die nicht alle Funktionsaspekte des Quantencomputing abbildet, dafür aber etwa bei Raumtemperatur betrieben werden können. Der Quantencomputer hat damit bereits heute eine kommerzielle Relevanz, für das Jahr 2025 wird der Markt für Quantencomputer auf einen mittleren einstelligen Milliardenbereich prognostiziert. Vergleiche etwa den Digital Annealer von Fujitsu, der beschrieben wird als “The world’s first Quantum-Inspired technology“. Ich hatte Gelegenheit, mit Fujitsu auf der Digital X in 2019 zu sprechen: Diese Technology wurde (Stand: April 2019) in einem Pilotprojekt bei einem Autohersteller in Deutschland eingesetzt, um kurzfristig Anpassungen im Produktionsablauf abbilden zu können (hierbei müssen große Mengen an kombinatorischen Varianten durchgespielt und bewertet werden).

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Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.