Eli Burton ist ein TESLA-Fan ohne Wenn-und-Aber. Er fährt einen Tesla Model S Performance Raven (in 2,2 Sekunden auf 60 mp/h), er ist außerdem Testfahrer für die BETA-Version der „Full Self-Driving“-Software. Und die führt er im YouTube-Video vor (750.000 Abrufe). Wer die Testfahrt mitverfolgt, könnte fast vermuten, dass wir kurz vor dem Durchbruch in die Ära des Autonomen Fahrens stehen:

Elon Musk ist sicherlich auch ein Fan von Eli Burton, denn hier wird Tesla von der besten Seite gezeigt. Auf dem YouTube-Kanal Consumer Report hingegen fällt der Blick auf Tesla’s Versprechen vom „Full Self-Driving“ etwas kritischer aus – und es zeigt sich, was Branchenexperten bestätigen: Tesla bewegt sich aktuell (wie einige andere Entwickler auch) auf Autonomie-Level 3. Das heißt: „Hochautomatisiertes Fahren: Der Fahrer kann sich in bestimmten Situation länger vom Fahrgeschehen abwenden.“

Das ist noch nicht das, was man als Ottonormalverbraucher vom vollständig automatisierten Fahren (Full Self-Driving) erwarten würde. Aber wann kommt das denn nun? – Bei der Entwicklung des Autonomen Fahrens erwiesen sich zahlreiche Prognosen der Vergangenheit als zu optimistisch. Inzwischen jedoch hat die Automobilindustrie eine beachtliche Wegstrecke hinter sich gebracht, euphorischer Optimismus hat einer realistischeren Erwartung Platz gemacht. Wenn man einmal die Fachpresse auswertet, dann ergibt sich folgendes Bild:

Wann kommt das Autonome Fahren?

Der VW-Chef Herbert Diess gibt sich im Dezember 2020 gegenüber dem Magazin Wirtschaftswoche optimistisch: „Ich rechne damit, dass es zwischen 2025 und 2030 marktreife, autonom fahrende Autos geben wird“. Das McKinsey Center for Future Mobility erwartet Autonomie-Level 4 bis zum Jahr 2022 (“Das Fahrzeug fährt überwiegend selbstständig, der Fahrer muss allerdings fahrtüchtig sein.“). Autonomie-Level 5 werde jedoch frühestens im Jahr 2030 erreicht („Das Fahrzeug übernimmt alle Fahrfunktionen.“).

Das Prognos-Institut wiederum hat eine vergleichbare Erwartung wie McKinsey: In einer Studie geht das Institut davon aus, dass ab 2030 Autonome Fahrzeuge auf die Straße kommen – allerdings nur mit Autobahn- und City-Pilot. Diese Differenzierung ist grundsätzlich wichtig bei der Diskussion über die Frage, wann Autonome Fahrzeuge auf die Straße kommen. Für manche Fahrsituationen wird Autonomes Fahren früher verfügbar sein als für andere Kontexte. Autonomes Fahren wird für die Autobahn als Erstes kommen („Autobahnpilot“); diese Fahrsituation lässt sich nämlich vergleichsweise gut kontrollieren. Die nächstgrößere Herausforderung ist der „City-Pilot“: Das urbane Umfeld bietet eine hohe Vielfalt an Störfällen und Überraschungen – aber hier ist die Geschwindigkeit immerhin auf 50 km/h begrenzt. Die weitreichendste Stufe ist der „Tür-zu-Tür-Pilot“, der auch Landstraßen umfasst: Hohe Geschwindigkeiten, eine Vielfalt an zu bewältigenden Situationen, keine bauliche Trennung der Richtungsfahrbahnen.

Wie weit sind die Autobauer? Was planen die Autobauer

Der ADAC verortet zunächst einmal die US-Amerikanischen Unternehmen an der Spitze der technologischen Entwicklung. Und Herbert Diess sieht die deutschen Autohersteller gar mit einem Rückstand von ein bis zwei Jahren.

Viele Experten sehen die Google-Tocher Waymo in einer führenden Position: “Im US-Bundesstaat Arizona, genauer einem Vorort von Phoenix, lässt Waymo schon eine Weile Roboterautos als Taxis fahren – allerdings noch mit einem Sicherheitsfahrer hinter dem Lenkrad. Kunden können ihre Fahrt per App ordern und werden dort abgeholt, wo sie sich gerade befinden. Die Autos, die Waymo einsetzt, sollen so gut sein, dass der Sicherheitsmann pro 1000 gefahrenen Meilen nur noch 0,09 Mal eingreifen muss.“. – Das sehen aber nicht alle so. Im Online-Magazin The Motley Fool wird darauf hingewiesen, dass Waymo auf zentimetergenaue Karten angewiesen sei – und dieser Ansatz lasse ich nur schwer skalieren.

Und was machen die anderen Player? – Das Unternehmen Mobileye (eine Tochter von Intel) plant, bis zum Jahr 2025 vollautonome Robotaxis betreiben zu können. Mercedes wiederum hat sich – vergleiche dazu einen Artikel im Redaktionsnetzwerk Deutschland (Ende Oktober 2020) – aus dem Rennen um das vollkommen autonome Robotertaxi zurückgezogen. „Wir können das Rennen nicht gewinnen“. Gleichzeitig gilt aber, dass Mercedes mit dem „Drive Pilot“ „als erster Autobauer überhaupt Käufer bei stockendem Verkehr autonom über Schnellstraßen chauffieren will.“. Auch Honda will noch in 2021 ein Auto zum Verkauf anbieten, das Autonomie Level 3 beherrscht, u.a. einen „Autobahnpilot“.

Ethische und rechtliche Fragen

Wann das Autonome Fahren (endlich) kommt, hängt natürlich stark vom Erfolg bei der Beantwortung technologischer Fragen ab. Aber auch ethische und rechtliche Fragen sind auf der Roadmap zum Autonomen Fahrzeug noch zu lösen.

Zu den Haftungsfragen heißt es lapidar beim ADAC: “Beim autonomen Fahren werden Sie Passagier, können nicht eingreifen und haften auch nicht mehr – bei einem Unfall zahlt Ihre Versicherung trotzdem. Sollte ein technischer Fehler vorliegen, nimmt sie dann den Hersteller in Regress.“

Es kommen ethische Fragen hinzu, und zwar im Zusammenhang mit dem Verhalten des Fahrzeugs in ethisch kritischen Situationen. Dabei geht es nicht um Versagen von Autonomer Fahrzeugtechnik (vergleiche die tödlichen Unfälle bei Tesla in 2016 oder bei UBER in 2018). Es geht vielmehr um Situationen wie eine unvermeidbare Kollision, wo Lenk-/Brems-/Ausweichverhalten darüber entscheidet, ob eine Person A, B oder C zu Schaden kommt: Je nach Lenkverhalten kommt dann etwa ein Fußgänger zu Schaden oder aber die Fahrzeuginsassen beim Aufprall gegen eine Mauer.

Die Würde des Menschen verbietet es, Menschenleben gegeneinander abzuwägen – so fordert es die Philosophie Kant‘s – weder nach verbleibender Lebenserwartung, Anzahl Familienangehörigen und-so-weiter. Hier ergeben sich nicht-triviale Fragen, die etwa in dem Buch „Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens“ des Philosophen Richard David Precht anschaulich erörtert werden. Eine empfehlenswerte Lektüre.

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Kurzportrait Codelab: Embedded Software für das Automobil

Der Autor ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels Geschäftsführer bei Codelab (www.codelab.eu). Der Software-Engineering Dienstleister Codelab ist spezialisiert auf die Erbringung von Dienstleistungen und Lösungen für die Automobilindustrie, Embedded-Systems und das Internet der Dinge.

Codelabs Experten verfügen über umfangreiche Projekterfahrung im Bereich Fahrerassistenzsysteme, sowie in der Entwicklung und dem Testing von Plattformen und Algorithmen für autonom fahrende Fahrzeuge. Codelab übernimmt die Verantwortung für komplette Lösungen, vom Konzeptdesign bis zur Verifizierung und Systemintegration. 220 Spezialisten arbeiten aus den zwei aufstrebenden Städten Szczecin (Stettin) und Wroclaw (Breslau).

Codelab ist Teil der Beta Systems Group, die seit 35 Jahren komplexe IT-Systeme und anspruchsvolle IT-Prozesse in fast 40 Ländern anbietet. Die Beta Systems Software AG hat ihren Hauptsitz in Berlin und ist an der Deutschen Börse in Frankfurt gelistet.

Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.