Hier geht’s zum Download: Tech Trend Report 2025

Auf der SXSW hat die FTSG-Gründerin und SXSW Legende Amy Webb (Zum Linked-In Profil: HIER ) den Tech Trend Report gelauncht, und in Ihrer Keynote hat sie einen spannenden und nachdenklichen Ausblick auf die Zukunft gegeben (YouTube, Dauer: 1h 10 min);

Das Thema für 2025 lautet „Beyond“ – ein Verweis auf die Übergangsphase, in der wir uns derzeit befinden. Amy Webbs Keynote konzentrierte sich auf die Konvergenz dreier technologischer Bereiche, die unsere Realität grundlegend verändern: Künstliche Intelligenz, Biotechnologie und fortschrittliche Sensorik. Diese bilden die Grundlage eines sogenannten Technologie-Superzyklus – einer langfristigen Welle von Innovation und Wachstum, die letztlich wirtschaftliche und gesellschaftliche Normen neu definieren wird.

Cluster 1: KI + Datenaufnahme → Sensornetzwerke + Multi-Agenten-Systeme: KI-Systeme haben sich rasant weiterentwickelt – nicht nur in ihrer Leistungsfähigkeit, sondern auch in ihrer Architektur. Multi-Agenten-Systeme (MAS), in denen KIs ohne menschliches Zutun zusammenarbeiten, werden immer leistungsfähiger und autonomer. Webb verwies auf Experimente von DARPA und in Minecraft, bei denen sich Agenten selbst organisierten, Rechtssysteme entwickelten, Memes verbreiteten – und sich schließlich sogar bewusst für Faulheit entschieden, um „das System auszutricksen“.

Amy Webb betonte, dass sich diese Systeme zunehmend von schwerfälligen menschlichen Sprachen hin zu effizienteren mathematischen Sprachen (z. B. Microsofts DroidSpeak) bewegen. Dadurch beschleunigt sich die Kommunikation von KI zu KI – bis zu 100-mal schneller als das menschliche Verständnis.

Auch die Konvergenz von Sensoren nimmt Fahrt auf. Von Mikro-Fitbits, die Hunden injiziert werden, bis hin zu Roboterarmen, die Knöpfe drücken – physische Daten werden zum Schlüssel für die Verkörperung von KI. Webb erklärte, dass KI „physisch“ werden müsse, um Intuition, gesunden Menschenverstand und ein Verständnis für die reale Welt zu entwickeln. Dafür braucht es neue Daten aus menschlicher Bewegung, Gehirnaktivität und biologischen Prozessen.

Zentrale Erkenntnis #1: Sensornetzwerke verwandeln KI von Beobachtern in Steuerungseinheiten.

Cluster 2: KI + Biologie → Programmierbare Materie und reprogrammierbares Leben: Webb beleuchtete den Aufstieg der „generativen Biologie“ und stellte DeepMinds AlphaFold 3 vor, welches das nahezu sofortige Vorhersagen komplexer biologischer Moleküle ermöglicht. Damit beginnt eine Ära, in der jeder – unabhängig von Fachkenntnissen – Proteine, Behandlungen oder Materialien innerhalb weniger Minuten entwerfen kann.

Sie zeigte, wie entwickelte Materialien („Metamaterialien“) nun programmierbar sind – sie verändern ihre Form oder Eigenschaften als Reaktion auf äußere Reize. So könnten Ziegelsteine beispielsweise wie Lungen Luft filtern oder sich bei Erdbeben flexibel verhalten. Einige dieser Materialien könnten mit organoider Intelligenz (OAI) erschaffen werden – winzige Computer aus lebenden Gehirnzellen.

Unternehmen wie Cortical Labs und FinalSpark vermarkten bereits erste Gehirn-Computer-Hybride. Webb verglich deren frühe Fähigkeiten mit den ersten Apple-Computern – klein, aber revolutionär.

Zentrale Erkenntnis #2: KI und Biologie verschmelzen, um Materie programmierbar und Leben reprogrammierbar zu machen.

Cluster 3: Biologie + Sensoren → Wearables für Zellen und Mikromaschinen: Die dritte Konvergenz verbindet Biologie mit Sensorik und führt zu mikroskopisch kleinen Maschinen und Wearables, die in unseren Körpern leben. Webb zeigte unter anderem: Spermien-Bots, die Spermien mithilfe magnetischer Spulen steuern, und neuronale Wearables, die sich um Gehirnzellen legen, um gezielte Stimulation auszulösen.

Diese Fortschritte eröffnen neue Möglichkeiten in der personalisierten Medizin, bei Prothesen und sogar der menschlichen Erweiterung (z. B. robotische Tentakelarme). Sie werfen jedoch auch philosophische und gesellschaftliche Fragen auf.

Zentrale Erkenntnis #3: Mikroskopische Maschinen werden uns Macht über die Natur verleihen.

Spotlight Artificial Intelligence

Dem Thema KI sind 107 Seiten in dem 1000-seitigen Report gewidmet. Das Inhaltsverzeichnis gibt einen guten Überblick zur Themenbreite und -tiefe, anbei die Kapitel: „Models, Techniques, Research“, „Safety, Ethics, and Society“, „AI and Energy“, „AI Geopolitics, Defense and Warfighting“, „Policy and Regulation“, „Emerging Capabilities“ (e.g. AI in Mathematics, Detecting Emotion), „The Business of AI“, „Talent and Education“, „Creativity and Design” und schließlich die Betrachtung von Schlüsselindustrien (Pharma, Health Care, Science, Finance und Insurance).

Aus dieser Fülle an Analysen habe ich nachfolgend das Kapitel „Creativity and Design“ herausgegriffen, und gebe einen Überblick zu den Inhalten – nicht zuletzt aus meiner Perspektive als Power User von Midjourney, Runway, Sora und Co.

Die Schnittstelle zwischen Künstlicher Intelligenz (KI), Kreativität und Design durchläuft derzeit einen tiefgreifenden Wandel. Es wird neu definiert, wer kreativ sein kann, was geschaffen werden kann und wie kreative Prozesse ablaufen. Das Kapitel beginnt mit der Beobachtung, dass die Jahre 2023 und 2024 nicht nur durch eine erhöhte kreative Produktion auffielen, sondern vor allem dadurch, dass generative KI einer viel breiteren Öffentlichkeit Zugang zu kreativer Gestaltung verschaffte. Tools wie ChatGPT, Midjourney oder Runway senkten die Einstiegshürden drastisch – selbst für Menschen ohne klassische Ausbildung in Design, Schreiben oder Kunst. Damit ist ein Wendepunkt erreicht: KI ist nicht mehr nur Werkzeug, sondern Mitgestalterin.

Kreative sind dadurch nicht länger auf lineare Prozesse oder langwierige Abstimmungen angewiesen. Ein einziger Prompt kann in Sekunden mehrere Entwürfe generieren – Brainstormings werden effizienter, Designzyklen kürzer.

Neudenken kreativer Abläufe: Laut Bericht verändert generative KI die klassische Abfolge kreativer Prozesse. Früher durchlief man die Schritte: Idee – Entwurf – Test. Heute springen viele direkt ins visuelle Prototyping – mithilfe von Text-zu-Bild- oder Text-zu-Video-Tools. Der kreative Prozess wird dadurch nicht-linear, explorativer und iterativer. Ein Beispiel aus der Filmbranche: Dort wird KI bereits genutzt, um Drehbuchideen visuell umzusetzen, noch bevor ein Regisseur oder Kameramann eine Stilentscheidung trifft.

Darüber hinaus entwickeln sich Workflows hin zu multi-modalen Abläufen. Eine Idee beginnt als Text, wird zum Storyboard, verwandelt sich in ein animiertes Video und endet als interaktive VR-Erfahrung – alles unterstützt durch KI. Die Grenzen zwischen Designerin, Texterin, Künstlerin und Entwicklerin verschwimmen zunehmend. Das betrifft nicht nur kreative Berufe, sondern auch Teamstrukturen und Ausbildungskonzepte.

KI als Designpartnerin: Anstatt KI als Ersatz für menschliche Kreativität zu sehen, versteht das Autorenteam des Tech Trend Reports KI als Co-Designerin. Sie bringt Ideen hervor, auf die Menschen allein möglicherweise nicht gekommen wären. Beispielsweise kann eine Architektin Eingaben zu Rahmenbedingungen und Stilpräferenzen machen und erhält daraufhin eine Vielzahl an Konzepten – darunter auch solche, die aus menschlicher Sicht „unvorstellbar“ gewesen wären. Dies entspricht dem Prinzip der computational creativity, bei dem es nicht um Automatisierung, sondern um Erweiterung geht. Der entscheidende Punkt: Die menschliche Intention bleibt zentral.

Designethik und das Risiko der Vereinheitlichung: Doch es gibt auch kritische Aspekte. Die Vielzahl KI-generierter Inhalte birgt die Gefahr, dass sich Designs angleichen. Viele KI-Modelle wurden auf den gleichen öffentlichen Daten trainiert – oft ohne kontextuelles Bewusstsein oder kulturelle Tiefe. Dadurch ähneln sich viele Ergebnisse, was stilistische Vielfalt bedroht. Hinzu kommen Fragen der Urheberschaft und des geistigen Eigentums. Das Kapitel betont deshalb die Notwendigkeit ethischer Leitlinien im Design mit KI. Wer darf kreativ sein? Wessen Daten werden genutzt? Und wie werden Ergebnisse verteilt?

Die Zukunft kreativer Werkzeuge: Multi-Agenten und personalisierte KI: Ein zukunftsweisender Trend ist laut Bericht der Einsatz von Multi-Agenten-Systemen – also KI-Einheiten, die auf verschiedene Aufgaben spezialisiert sind. In einem Designprojekt könnte ein Agent die Layout-Gestaltung übernehmen, ein anderer Typografie, ein dritter das Testen der Barrierefreiheit. Diese Agenten arbeiten parallel – wie ein KI-Team – und steigern damit Effizienz und Vielseitigkeit.

Zudem gewinnen personalisierte KI-Agents an Bedeutung. Diese lernen die Vorlieben, Stilrichtungen und Arbeitsweisen einer bestimmten Person und generieren darauf abgestimmte Inhalte. Dadurch lassen sich viele der zuvor beschriebenen Risiken der Vereinheitlichung deutlich reduzieren.

Auch die Integration von KI in AR/VR-Umgebungen eröffnet neue Möglichkeiten: Designer*innen können dreidimensional skizzieren, Objekte mit Gesten manipulieren und in virtuellen Räumen kollaborieren – was völlig neue Formen der Kreativität ermöglicht.

Mehr von Amy Webb und dem Future Today Institute auf diesem Blog

  • Ein Blick in die Zukunft: Der „Tech Trend Report 2024“ des Future Today Instituts
  • Ein Blick in die Zukunft: Der „Tech Trend Report 2023“ des Future Today Instituts
  • Ein Blick in die Zukunft: Der „Tech Trend Report 2022“ des Future Today Instituts
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  • Zukunftsszenarien mit der Basistechnologie KI: Das Buch “The Big Nine” von Amy Webb
  • Author

    Sebastian Zang hat eine herausragende Karriere in der IT-Branche aufgebaut und eine Vielzahl von Softwareprojekten mit einem klaren Fokus auf Automatisierung und Unternehmensentwicklung geleitet. In seiner aktuellen Rolle als Vice President Partners & Alliances bei der Beta Systems Software AG nutzt er seine umfassende Expertise, um technologische Innovationen auf globaler Ebene voranzutreiben. Als Absolvent der Universität Passau bringt Sebastian wertvolle internationale Erfahrung mit, die er in verschiedenen Märkten und Branchen gesammelt hat. Neben seiner technischen Kompetenz ist er als Vordenker in Bereichen wie Automatisierung, Künstliche Intelligenz und Unternehmensstrategie anerkannt.