CIO, CTO, CISO, CSO, CDO – Ein wenig erinnert diese Flut an Akronymen an FANTA 4, die als Pioniere im Deutschen Hip Hop gesungen hatten:

… THX, VHS und FSK
RAF, LSD und FKK
DVU, AKW und KKK
RHP, USW, LMAA …

Also, was ist das eigentlich, der CDO? Und wie grenzt er sich ab zu CIO, CTO & Co?

Schaffen wir einen kurze Überblick: Der CIO (Chief Information Officer, auch: IT-Leiter) führt strategisch und operativ die IT-Abteilung. Er stellt sicher, dass die IT-Infrastruktur (Unternehmensnetzwerk, Rechenzentren, Arbeitsrechner, etc.) reibungslos läuft, beschäftigt sich auch mit Themen wie Cybersecurity. Der CTO (Chief Technology Officer) ist gewissermaßen CIO und Chief Security Officer in einem: Während der CIO die IT-Infrastruktur vor allem auf die internen Bedürfnisse ausrichtet, hat der CTO noch einen markt-strategischen Fokus, er ist auch „technischer Visionär“ für die Zukunft. Theoretisch ist es denkbar, dass in einem Unternehmen sowohl die Rolle CTO als auch CIO besetzt sind – aber in der Praxis findet sich das eigentlich nicht.

Die Rolle des CISO (Chief Information Security Officer) wiederum ist selbsterklärend: Er kümmert sich um IT-Sicherheit und – noch deutlich weitergehend – um die Informationssicherheit: Vertrauliche Information sollten das Unternehmen nicht verlassen, weder in digitaler Form noch als Stück Papier, Foto oder Ähnlichem. Für den CISO gibt es im Übrigen eine Vielfalt von möglichen Zertifizierung, den CISSP (Certified Information Systems Security Professional), den TISP (Teletrust Information Security Professional), den CISM (Certified Information Security Manager) oder den CISA (Certified Information Systems Auditor). Eine Steilvorlage für FANTA 4! Das Akronym CSO wiederum steht (häufig) für Chief Security Officer, diese Funktion schließt die Verantwortungsbereiche des CISO ein (Nota Bene: Bisweilen steht CSO auch für Chief Sales Officer – bitte nicht verwechseln).

Nun also der CDO, der Chief Digital Officer. Man ahnt es: Seine Funktion wird typischerweise so beschrieben, dass er der Vordenker der Digitalen Transformation eines Unternehmens sein solle. Er bereitet das Unternehmen auf die Datenökonomie vor, auf die Plattformökonomie, entwickelt das Digitale Geschäftsmodell bzw. erweitert das bestehende Geschäftsmodell um eine digitale Komponente. Er probiert einmal die Zusammenarbeit mit StartUps aus. Darum liegt auch nahe zu vermuten, dass der CDO quer zur Linienorganisation arbeitet, also: Linien-übergreifend. Er führt das „digitale Denken“, das „Digitale Mindest“ im Unternehmen ein.

Nicht überraschend: Aufgrund der sich teilweise überschneidenden Aufgabenbereiche von CDO, CIO, CTO und Chief Data Officer kann es auch zu Konkurrenzdenken auf der Geschäftsführungsebene kommen.

Nun darf man vermuten: Wenn dieses Digitale Mindset einmal etabliert ist, braucht es dann den CDO überhaupt noch? – Vermutlich nicht, derartige Aussagen kommen durchaus auch von aktiven CDOs selbst, etwa Elke Katz, CDO in der Geschäftsleitung von ratioform Verpackungen GmbH. Gleiches hören wir von Jan Kegelberg, CDO bei Sport Scheck. Aber klar ist auch: In ein, zwei Jahren lässt sich das nicht erreichen. Der Branchenverband bitkom hat in 2018 einmal eine Bestandsaufnahme gemacht: Wie viele Unternehmen haben eine Struktur geschaffen, die sich (aussschließlich) mit Digitalisierung beschäftigen, wie viele CDOs gibt es? Das Ergebnis: Etwa 25% haben eine Digitalisierungs-Workforce in der IT-Abteilung, etwa 4 Prozent eine solche Einheit außerhalb der IT-Abteilung. Den CDO gibt es nur in etwa 10 Prozent der Unternehmen. Dabei gilt: Je größer das Unternehmen, desto wahrscheinlicher gibt es die Funktion. Bei Unternehmen ab 500 Mitarbeitern liegt der Anteil immerhin bei 44 Prozent. Volkswagen hat einen, Allianz hat einen, die Deutsche Bank hat einen.

Zum Vergleich: Zwei Jahre zuvor hatten laut Branchenverband Bitkom gerade einmal 2% der Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter in Deutschland einen Chief Digital Officer.

Als die Funktion des CDO geschaffen wurde, hat niemand sofort den Return on Invest erwartet. Die Tätigkeit wurde als strategischer Invest betrachtet. Doch inzwischen hat sich die Erwartungshaltung verändert, es wird zunehmend wichtiger, dass geliefert wird – zumal angesichts einer sich abschwächenden Konjunktur. Wer diese Erwartung nicht erfüllt oder nicht glaubhaft machen kann, dass er bald liefert, bei dem wackelt der Stuhl. Im Übrigen jüngst eingetreten beim Unternehmen Kion; die dortige CDO tritt vorzeitig ab.

In einem ca. einstündigen Interview auf t3n erläutert Jochen Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender am Universitätsklinikum Essen, wie sich der Transformationsprozess für zum „Smart Hospital“ gestaltet, der im Jahr 2015 gestartet wurde. Herr Werner hatte hier eine Rolle inne, die dem CDO vergleichbar ist. Im Interview nimmt er zu zahlreichen Fragen rund um das „Smart Hospital“ Stellung: Was sind die Herausforderungen? Wie sind die Erfahrungen beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz für die Diagnose, wie hoch ist die Akzeptanz bei der Nutzung von Patientendaten für Forschungszwecke? Wie schätzt Herr Werner die Erfolgschancen von IBM Watson im Gesundheitsbereich ein? Hier geht’s zum PODCAST: Smart Hospital

Fazit: Der CDO hat im Strukturwandel zur Digitalen Ökonomie ganz klar eine Existenzberechtigung, das zeigt die Tatsache, dass eine solche Rolle immer häufiger in Unternehmen vorkommt – auch wenn Konflikte mit Rollen wie CIO/CTO vorprogrammiert sind. Der Chief Digital Officer arbeitet jedoch Linien-übergreifend und ist damit in der besten Position, das Digitale Mindset in einem Unternehmen zu verankern. Wenn Ihr Unternehmen noch keinen CDO hat, dann spricht sehr viel für die Schaffung einer solchen Position – zumal diese „Lotsenfunktion“ im Erfolgsfall ohnehin nur für wenige Jahre erforderlich sein dürfte. Die Stellenbesetzung ist allerdings herausfordernd: Bei einer solchen Person muss es sich um einen exzellenten Kommunikator handeln, der ressortübergreifend vermittelt und eine gute Idee auch in eine große Organisation bringen kann.

Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.