Wer ein erfolgreiches Unternehmen gründen oder auch nur ein erfolgreiches Produkt entwickeln möchte, steht vor einer Vielzahl von Herausforderungen: Investorensuche, Kundengewinnung, Ideenfindung und mehr. Und natürlich braucht es eine tragfähige Idee für das (Digitale) Geschäftsmodell. Und es braucht einen verlässlichen Methodenbaukasten, um aussichtslose Geschäftsideen auszusortieren, um Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln und um Ideen zur Reife zu bringen. Wussten Sie, dass dem internationale Erfolgsspiel „Angry Birds“ 51 gescheiterte Versuche vorausgegangen waren?“
Kurz: Niemand möchte gerne einen Flop erleben. Vergleiche dazu auch den Blogpost: Gescheiterte Digitale Angebote und Produkte: Lessons Learned. Das hier vorgestellte Buch liefert eine Vielzahl von Methoden, Ideen für Geschäftsmodelle zu prüfen, auf Schwachstellen zu untersuchen und weiterzuentwickeln:
„Testing Business Ideas“, Autoren: David J. Bland, Alex Osterwalder, Verlag WILEY, 25 US-Dollar, Erscheinungsjahr 2020, 330 Seiten)
Bevor ich eine Tour d’Horizon zu diesem Buch gebe, erlaube ich mir vorweg noch eine Real-Life-Geschichte zu erzählen, die die Relevanz des Testens von Hypothesen für Geschäftsmodelle unmissverständlich klar macht. Es ist im Übrigen eine Geschichte, die mich an eine meiner Lieblingspostkarte erinnert: Darauf ein Eselskopf, dazu der Schriftzug „Glaube nicht alles, was Du denkst“. So, jetzt aber in medias res! Die Geschichte stammt aus dem Buch „Digitale Ethik“ von Sarah Spiekermann:
Die Autorin war Anfang der Nuller-Jahre Business Intelligence Verantwortlich in einem Silicon-Valley-Hype-Unternehmen Apenwaze, das als Pionier des mobilen Internets 2 Milliarden USD (sic!) Börsengeld eingesammelt hatte. Von Zukunftsanalysten wurde damals das Nokia-Betriebssystem Symbian hoch gelobt, folglich setzt Apenwaze auf eben diese Zukunftsprognose. Spiekermann traute den Zahlen nicht und “warf all die Zukunftsanalysen der Analysten weg. (…) Ich engagierte einen Studenten, der in wochenlanger mühseliger Kleinarbeit die Läden aller Telekomanbieter in Europa besuchte (online oder physisch) und überprüfte, welche Handys in der Auslage angeboten wurden, die Zugang zum Internet boten, und welches Betriebssystem sie hatten. Und was kam heraus? Nokia spielte kaum eine Rolle (…).“ Das Ende der Geschichte: Der Chef glaube ihr nicht, man trennte sich, das Unternehmen Apenwaze gibt es heute nicht mehr.
Und jetzt zum Buch.
Testen einer Idee für ein Digitales Geschäftsmodell: Das methodische Vorgehen im Überblick
Um die Idee für ein Digitales Geschäftsmodell zu testen, gilt es zunächst: Die Business Idee wird in einer Anzahl von zugrunde liegende Hypothesen heruntergebrochen. Was sind die (impliziten) Annahmen für das Geschäftsmodell? Welche Bedürfnisse (der Zielkunden) unterstellen wir? Für eine systematische Betrachtung der Business Idea bietet sich der Business Model Canvas an (und auch der Value Proposition Canvas).
Eine Hypothese (die sich sinnvoll testen lässt) sollte man möglichst präzise und detailliert formulieren. Die Hypothese muss hierbei so formuliert sein, dass sie sich auch verifizieren oder falsifizieren lässt. Beispiel: „Die Eltern der Millenial-Generation sind bereit, für spielerische Wissenschaftsprojekte für ihre Kinder im Alter von 5 bis 9 Jahren 15 Euro pro Monat auszugeben.“
Das Buch liefert nun 44 detailliert beschriebene Experimente / Tests. Wie lässt sich das Experiment durchführen, für welche Phase eignet es sich? Zu jedem Experiment wird auch angegeben: Was sind die zu erwartenden Kosten? Was ist die Vorbereitungszeit? Wie lange dauert die eigentliche Durchführung? Wie belastbar ist die Aussage aus dem Experiment („Evidence strength“)?
Ein einfaches Kundeninterview etwa weist geringe Vorbereitungs- und Durchführungszeit auf; die „Evidence Strength“ jedoch ist sehr niedrig. Kurz: Die geäußerte Kaufabsicht eines potentiellen Kunden aus der Zielgruppe ist keine belastbare Verifizierung der These, dass es tatsächlich einen (ausreichend großen) Markt für ein Produkt/einen Service gibt. Ein sogenanntes „Single Feature MVP“ jedoch (ein Mini-Produkt mit nur einer Funktion) liefert Feedback, das sehr belastbar ist – jedoch bei langer Vorbereitungs- und Umsetzungszeit sowie hohen Kosten.
Beispielhaft seien einige Experimente aufgelistet: Kundeninterview. Interview mit Lieferanten. „A Day in the Life“ (Beobachtungen). Analyse von Suchanfragen (z.B. mithilfe Google Keyword Manager). Diskussionsforum. Online Werbeschaltungen. Email Kampagnen. Referral Programm. Werbebroschüre. Social Media Kampagne. Und Weitere mehr.