Die Dynamik der Veränderung zu Beginn bzw. mittendrin in der Digitalen Revolution ist hoch – umso wichtiger, sich mit Hilfe fachkundiger Autor*Innen am Puls der Zeit einen Überblick zu verschaffen. Nachfolgend eine Reihe von persönlichen Buchempfehlungen für alle, die sich aus gesellschaftspolitischer Perspektive oder als Unternehmen mit dem Digitalen Strukturwandel auseinandersetzen und ihn gestalten. Die Bücher sind chronologisch nach Erscheinungsjahr sortiert.

„Das Neue Digital Zeitalter“ von Eric Schmidt, Jared Cohen, 2013

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (2013) ist es der erste ernstzunehmende Versuch, die Auswirkungen der digitalen Revolution auf unser Leben, die Wirtschaft und die Politik umfassend abzustecken. Die Autoren haben hier aber keineswegs allzu verwegen in die Zukunft geblickt, in aller Regel beschreibt der Besteller die nächsten Schritte längst begonnener Entwicklungen.

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„Superintelligenz. Szenarien einer kommenden Revolution“ von Nick Bostrom, 2014

Der Oxford-Professor Bostrom beschreibt den (damaligen) Stand der Entwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz, und stellt diejenigen Ansätze, mit denen die Entwicklung einer generellen künstlichen Intelligenz gelingen soll, die dem Niveau menschlicher Intelligenz entspricht: Das sind etwa Gehirnemulation und die evolutionäre Entwicklung Künstlicher Neuronaler Netzwerke. Bostrom argumentiert ausführlich, dass nach seiner Einschätzung binnen kurzer Frist nach dem Erreichen dieser „Human Level Machine Intelligence“ eine Intelligenzexplosion („Takeoff“) stattfinden würde, die eine Superintelligenz hervorbringt (Singularität). Ein wesentlicher Teil des Buches analysiert die Gefahren und Risiken, die damit für die Menschheit verbunden sind; sowie Handlungsoptionen.

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„Homo Deus“ von Yuval Noah Harari, 2017

Zunächst einmal beschreibt Harari den zunehmenden Kontrollgewinn im Verlaufe der Geschichte. Die drei großen Menschheitsplagen Krieg, Hunger und Epidemien sind für den größten Teil der Weltbevölkerung heutzutage nicht mehr relevant, eine völlige Ausmerzung ist eigentlich in politischer Reichweite. Harari verrät außerdem das Erfolgsrezept des Homo Sapiens bzw. dessen Entwicklungsstufen bei dieser Erfolgsgeschichte: Seine Fähigkeit zu flexibler Kooperation in großen Gruppen. Nach diesem Parforce-Ritt durch die Menschheitsgeschichte (was den größten Teil des Buches einnimmt) beschreibt Harari die zunehmende Durchdringung der Arbeits- und Lebenswelt mit Künstlicher Intelligenz (KI) bzw. Computer-Algorithmen. Er beschreibt ein Zukunftsszenario, in dem die Herrschaft der Daten den Menschen entmündigt. Harari fragt außerdem besorgt, ob unter diesen Umständen das Zeitalter des Massenwohlstandes zu Ende ginge: Denn der Mensch wird in Wirtschaft und Militär obsolet.

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„Jäger, Hirten, Kritiker. Eine Utopie für die digitale Gesellschaft“ von Richard David Precht, 2018

Der Philosoph und Publizist Precht macht es sich zur Aufgabe, Entscheidungsmaßstäbe zur Bewertung von Zukunftsentwürfen bzw. Ideen für eine Digitale Gesellschaft systematisch herzuleiten und zu diskutieren. Sein Appell: Digitalisierung ist kein Naturgesetz, wir sollten nicht in eine defätistische Haltung verfallen, sondern in einem politischen Prozess entscheiden, wie wir unsere digitale Zukunft gestalten wollen. Precht warnt davor, die Digitale Zukunft von Technik-gläubigen Konzernen des Silicon Valley bestimmen zu lassen, deren Vision vor allem von technischer Machbarkeit und kommerzieller Verwertbarkeit geleitet ist.

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„AI-Superpowers. China, Silicon Valley und die Neue Weltordnung“ von Kai-Fu Lee, 2018

Kai-Fu Lee ist ehemaliger KI-Wissenschaftler, IT Manager und heute vor allem Investor in KI-Geschäftsmodelle – ein gebürtiger Chinese mit einer jahrzehntelangen Karriere in den USA. Er hat einen aufgeräumten Blick auf die Entwicklungsdynamik im Bereich Künstliche Intelligenz und sendet eine klare Botschaft: Er leitet schlüssig her, welche Faktoren aller Voraussicht nach dazu führen, dass China bis zum Jahr 2030 eine Vorherrschaft in der Digitalen Ökonomie etablieren wird. Wie der Titel bereits suggeriert, findet der Wettlauf um die Technologieführerschaft zwischen den USA und China statt. Zu Europa bemerkt Kai-Fu Lee: „(…) zahlreiche europäische KI-Forscher und -Ingenieure [sind] auf der Suche nach lukrativen und herausfordernden Erwerbsmöglichkeiten in die Vereinigten Staaten ausgewandert – oder haben sich US-amerikanischen Unternehmen mit Büros auf dem europäischen Kontinent angeschlossen.“. Das Buch müsste ein Weckruf für alle Europäer sein.

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„Titelverteidiger. Wie die deutsche Industrie ihre Spitzenposition auch im digitalen Zeitalter sichert“ von Frank Riemensperger, Svenja Falk, 2019

Das Buch ist Pflichtlektüre im Management deutscher Unternehmen, zumal der Industrieunternehmen. Und natürlich für Politiker. Wie der Titel deutlich macht, geht es um nicht weniger als die Zukunftssicherung der Deutschland AG. Das Buch liefert einen Schatz an Anregungen und Einsichten, und bietet umfängliche Inspiration für eine breit angelegte Digitale Agenda. Das Buch ist ein Mutmacher-Buch. Es kritisiert, weist auf Schwachstellen und Herausforderungen hin. Es weist aber auch auf Erfolge hin und zeigt Entwicklungsperspektiven auf.

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„The Big Nine. How the Tech Titans & Their Thinking Machines Could Warp Humanity“ von Amy Webb, 2019

Amy Webb, quantitative Futuristin und Gründerin des Future Today Instituts, stellt die Möglichkeiten der neuen Basistechnologie KI den problematischen Aspekten gegenüber. Dabei adressiert Sie einerseits – wie bereits Bostrom – das „Kontrollproblem“ (falls der KI-Forschung weitere Durchbrüche gelingen sollten mit dem Ergebnis einer KI vom Intelligenzniveau des Menschen). Andererseits arbeitet sie in ihrem Buch heraus, dass die guten Absichten von Digitalkonzernen zum Einsatz von KI für das Wohl der Menschheit (das unterstellt die Autorin) vom Druck der Finanzmärkte zerrieben werden könnten – in China laufen Digitalkonzerne zusätzlich Gefahr, für die Ziele eines Überwachungsstaates instrumentalisiert zu werden. Webb legt eine Liste von Vorschlägen vor, um einen gewünschten Entwicklungspfad der mächtigen Technologie zu gewährleisten: Von einer multilateralen Global Governance-Struktur bis hin zu Diversitätsprogrammen in der Digitalindustrie.

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„The Technology Trap. Capital, Labor, and Power in the Age of Automation “ von Carl Benedikt Frey, 2019

Carl Benedikt Frey ist kein Unbekannter: Der Buchautor, Ökonom und Wirtschaftshistoriker an der Universität Oxford hat mit seiner Veröffentlichung „The Future of Employment“ vom September 2013 (zusammen mit Michael Osborne) die Weltöffentlichkeit aufgeschreckt. In der Studie untersuchte er etwa 700 Jobprofile und kam zum Schluss, dass 47 Prozent der heutigen Jobs in absehbarer Zukunft automatisiert werden können bzw. könnten.Frey argumentiert nun in seinem Buch: Ebenso wie zu Zeiten der Ersten Industriellen Revolution mag langfristig (sic!) die Mehrheit vom technologischen digitalen Fortschritt in Form von höherem Wohlstand profitieren. Dieser Massenwohlstand trat aber in der Ersten Industriellen Revolution erst ein, zwei Generationen später ein; darum ist es für die Digitale Revolution entscheidend (auch für die politische Zustimmung hierzu), wie schnell / flexibel die Arbeitnehmerschaft in diesem Strukturwandel aus einem wegdigitalisierten Job in einen neuen Job wechseln kann. Anders formuliert: Die Politik braucht eine Antwort für die kurzfristigen Verlierer des Strukturwandels. Das Buch ist ein klarer Appell an die Politik.

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„Muster. Theorie der digitalen Gesellschaft “ von Armin Nassehi, 2019

Armin Nassehi, Professor an der LMU in München, gehört unzweifelhaft zu den führenden Intellektuellen der BRD (neben etwa Prof. Herfried Münkler). Der Autor tritt hierbei weder als Kritiker, warnende Stimme oder Befürworter auf – vielmehr seziert er (als neutraler Beobachter) die Erfolgsbedingungen für die Digitalisierung, setzt Methoden der Soziologie mit Big Data Analysen ins Verhältnis, zeichnet Entwicklungsstränge historisch nach.

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„Reprogramming the American Dream“ von Kevin Scott, 2020

Das Buch adressiert eine der großen gesellschaftspolitischen Herausforderungen, nämlich das zunehmende Auseinanderdriften der – vereinfacht gesprochen – „urbanen Lebensräume mit einer prosperierenden Tech Industrie“ („High Tech America“) einerseits, und den von „Stadtflucht ausgetrockneten ländlichen Gebieten mit den Globalisierungs- und Automatisierungsverlierern“ („Rural America“). Das Buch skizziert Antworten: Steuerliche Incentivierung für Investitionen im ländlichen Raum. Unternehmerische Investitionen aus einem Zusammenspiel zwischen Investoren und Staat. Und natürlich Technologie für eine effiziente und profitable Landwirtschaft. Stichwort „Intelligent Farming“. Der Autor formuliert einige Appelle an Politik und die Digitalindustrie, damit sichergestellt ist, dass die KI-Technologie dem ländlichen Raum zugutekommt.

Im Übrigen ist es nicht verwunderlich, dass Kevin Scott ein riesiges Potential in Künstlicher Intelligenz sieht – er ist CTO von Microsoft.

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Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.