Der Claim des „MOM Accelerators“ von StartUp MOM ist vielversprechend: „in 12 Wochen durchstarten“. Dafür bietet der Accelerator ein Mentorship-Programm, das online ist, flexibel und einzigartig in Deutschland. Wie der Name erkennen lässt, richtet sich das Angebot ganz spezifisch an den Anforderungen von Müttern aus. Denn „Mütter gründen anders“, so Ekaterina Arlt-Kalthoff, die den Accelerator mit aus der Taufe gehoben hat.

Ekaterina Arlt-Kalthoff ist selbst Gründerin, nämlich von www.mami-poppins.de. Das inzwischen sechs Jahre alte Start-Up positioniert sich als Premium-Vermietung für Kinderwagen und Babyausstattung. Junge Eltern können dort Ausstattung für kurzfristigen Bedarf mieten. Oder Kunden nutzen das Mietangebot zum Ausprobieren – nach der Mietphase erfolgt dann der Kauf. Das Motto: „Der erste Online Shop Deutschlands für Babyausstattung mieten, testen, kaufen.“ Das Besondere: Das Startup hat sie aus der Elternzeit heraus, innerhalb von drei Monaten (!) aufgebaut und gegründet.

Ekaterina Arlt-Kalthoff ist außerdem Partner des Reiseportals www.KidsAway.de sowie Dozentin im Bereich Marketing (etwa an der Hochschule Mönchengladbach und Cologne Business School).

Sebastian Zang: Liebe Frau Arlt-Kalthoff, mit Ihrer Gründerbiographie sind Sie ein ermutigendes Beispiel. Beruf und Familie in Einklang zu bringen, ist grundsätzlich eine Herausforderung. Umso bemerkenswerter, wenn Ihnen das sogar bei einer Unternehmensgründung gelungen ist. Chapeau! Gehen Mütter nach Ihrer Erfahrung anders an eine Gründung heran? Vielleicht fokussierter?
Ekaterina Arlt-Kalthoff: Mit meinem zweiten Unternehmen StartUp MOM habe ich es mir zum Ziel gesetzt, andere Frauen und insbesondere Mütter aktiv in eine erfolgreiche Selbstständigkeit zu begleiten. Ich selbst bin seit 15 Jahre selbstständig und habe sowohl eine Gründung ohne Kind als auch eine Gründung als Mutter mitgemacht.

Die zweite Gründung war härter. Ich baute mein Business während der Elternzeit auf. Später nahm ich an einem 6-monatigen Accelerator teil, pitchte zwischendurch vor Investoren und kümmerte mich nachmittags um mein Kind. Mein Mann war damals viel unterwegs und war unter der Woche öfter auf Geschäftsreise. Manchmal musste ich mein Kind in den Coworking Space mitnehmen. Unser Sohn fand es ganz schön und hatte viele Fans dort.

Rückblickend kann ich sagen, es war eine sehr aufregende und anstrengende Zeit für mich und für meine Familie. Ich bin sehr stolz darauf, das so gut geschafft zu haben. Aber es macht schon einen Unterschied, ob ich begrenzte Zeit zum Arbeiten habe oder mir der ganze Tag zur Verfügung steht. Seitdem ich Mutter bin, freue ich mich nach einem toughen Vormittag sehr über den freien Nachmittag mit meinem Sohn auf dem Spielplatz.

Sebastian Zang: Welche Vorbilder haben oder hatten Sie für ihr Gründertum?
Ekaterina Arlt-Kalthoff: Ich bin nicht der Typ für Vorbilder. Ich schaue mir andere UnternehmerInnen an und lerne mal hier, mal da etwas von ihnen oder lese gerne Bücher von UnternehmernInnen, aber das eine Vorbild gibt es für mich nicht. Ich umgebe mich einfach gerne mit QuerdenkerInnen und UnternehmerInnen.

Sebastian Zang: Sie starten aktuell den MOM Accelerator. Welches spezifische Angebot machen Sie damit den Start-Up Moms? In welcher Hinsicht ist das Mentorship Programm einzigartig und spezifisch für Mütter gedacht?
Ekaterina Arlt-Kalthoff: Mütter sind der verborgene Schatz unserer Gesellschaft, das ist mein Empfinden. Sie sind Power-Frauen, sie schmeißen den Haushalt, versorgen die Kinder und obendrein machen sie sich selbstständig, aber meist ohne Beratung in Anspruch zu nehmen. Sie machen einfach! Mit dem MOM Accelerator möchten wir – mit sieben Mentorinnen – diese Frauen nun aktiv dabei unterstützen, ihre Selbstständigkeit erfolgreich aufzubauen.

Unser Programm legt neben der Vermittlung der „Basics“ einen sehr starken Fokus auf die erfolgreiche Vermarktung. Frauen sind bei der Kundengewinnung oft zurückhaltender als Männer. Daher bereiten wir die Teilnehmerinnen im Rahmen des MOM Business Accelerator sehr intensiv auf die Themen Kundengewinnung und Online-Marketing vor.

Sebastian Zang: Wenn Sie sich die Geschäftsmodelle von gründenden Müttern anschauen: Können Sie da Muster erkennen?
Ekaterina Arlt-Kalthoff: Ja definitiv! Mütter gründen oft im Verborgenen und im Alleingang. Sie sind sehr auf Sicherheit bedacht und gründen immer nur dann, wenn es für die Familie gut ist. Das allerdings kann ein Business schon zu Beginn in Keim ersticken. Genau diesem Muster möchten wir mit dem MOM Accelerator entgegenwirken. Denn aus eigener Erfahrung wissen wir, dass Mütter auch richtig Power geben können, wenn sie etwas wirklich wollen.

Ein weiteres Muster, das wir erkannt haben, ist, dass viele Mütter sehr viel Respekt vor größeren Investitionen in ihr Business haben. Die Gründe dafür sind meist ihr starkes Bedürfnis nach Sicherheit und ihr Verantwortungsbewusstsein für die Familie. Im MOM Accelerator bringen wir daher unseren Teilnehmerinnen Methoden bei, mit dessen Hilfe sie ihre Gründung jederzeit fest in der eigenen Hand haben und sich sicherer fühlen können. Selbstständigkeit kann gesteuert werden, wenn man weiß wie.

Sebastian Zang: Wenn man einen Blick nach Frankreich wirft, gehören berufstätige Mütter weit mehr zum Alltag, als dies in Deutschland der Fall ist. Berufstätige Mütter in Deutschland riskieren eher, als „Rabenmütter“ wahrgenommen zu werden. So habe ich das noch vor einigen Jahren gelesen. Werden gründende Mütter mit solchen Vorvorurteilungen noch immer konfrontiert, oder hat sich Deutschland von diesen alten Rollenmustern emanzipiert?
Ekaterina Arlt-Kalthoff: Seit der Corona-Krise hat sich das alte Rollenmuster leider verstärkt. Renommierte Medienhäuser haben dies bereits als Thema aufgegriffen. Dieses veraltete Rollenbild wird sogar im Marketing sichtbar. Wussten Sie, dass das meist gekaufte Bild zum Thema Homeschooling bei iStockphoto das einer Mutter mit Kind ist?!

Ich kann nur vermuten woran das liegt, aber ich glaube, dass es dieses alte Rollenmuster schon vorher gab und nur nicht sichtbar war. Ich sehe Corona als Chance, die Arbeit und die Kindererziehung gerechter zu verteilen. Gerade in dieser Zeit, in der beide Partner im Homeoffice sitzen, haben wir Mütter die Chance unsere Partner mehr einzubeziehen und auch mehr Verständnis zu bekommen.

Sebastian Zang: Wenn Sie wüssten, dass der Wirtschaftsminister oder die Familienministerin dieses Interview lesen werden. Welchen Appell würden Sie an die Politik richten?
Ekaterina Arlt-Kalthoff: Mütter, Väter und Familien brauchen eine Lobby! Wir brauchen mehr Unterstützung und mehr Gleichberechtigung. Kindererziehung ist keine Privatangelegenheit und darf nicht zu schlechteren berufliche Chancen in Unternehmen führen. Paare, die sich für ein Kind entschieden haben, leisten auch einen Sozialdienst an der Gesellschaft. Ohne Kinder gäbe es in Zukunft keine ArbeitnehmerInnen, keine UnternehmerInnen, keine SteuerzahlerInnen und somit auch keine Zukunft für unser Land.

Sebastian Zang: Liebe Frau Arlt-Kalthoff, vielen Dank für Ihre Zeit und dieses Gespräch! Vor allem aber wünsche ich für StartUp MOM weiterhin viel Erfolg und für den MOM Accelerator einen guten Start!

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Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.