Wie wettbewerbsfähig ist Deutschland im Hinblick auf die Digitale Ökonomie. Notorische Kritikpunkte reichen von schwacher digitaler Infrastruktur, schlechte Verfügbarkeit von Risikokapital, schlechte digitale Fähigkeiten der Bevölkerung bis zu negativer Einstellung zu unternehmerischem Risiko. Aktuelle Studien liefern ein schärferes Bild der aktuellen Situation, nachfolgend eine Auswahl:

KPMG-Studie „Business Destination Germany 2022“: Internationale Unternehmen fahren Investitionen in Deutschland zurück

Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG führt regelmäßig Umfragen unter CFOs der größten deutschen Tochtergesellschaften internationaler Konzerne zur Standortbewertung durch. Diesmal nahmen 360 CFOs teil. Zwar fiel die Bewertung bei der Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte besser aus als vor 2 Jahren. Bei anderen Kriterien verschlechterte sich die Bewertung:

“Als größtes Investitionshemmnis nannten die befragten Konzernvorstände eine unzureichende digitale Infrastruktur. Für 9 Prozent der Befragten ist sie ‚die schlechteste in der EU‘, für weitere 24 Prozent zählt sie ‚zu den fünf schlechtesten in der EU‘.

Die Studie von KPMG können Sie HIER anfordern.

McKinsey „Digital Sentiment Survey“: Deutsche Verbraucher bleiben Europas Online-Muffel

Die Beratungsgesellschaft McKinsey hat im vergangenen Jahr über 20.000 europäische Konsumenten zu ihrem Nutzungsverhalten befragt. Ergebnis: Deutschland nimmt beim digitalen Nutzungsverhalten innerhalb Europas den vorletzten Platz ein; Datenschutzbedenken so groß wie in keinem anderen Land Europas.

Fazit: Deutschland und Schweiz sind die Länder mit höchstem Anteil an Menschen mit Präferenz für physische Kanäle

Die Studie von McKinsey können Sie HIER herunterladen.

BCG Studie: Digitales Deutschland 2021

Mit der Studie „Digitales Deutschland 2021“ gibt die Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) einen Überblick zu zahlreichen Aspekten der Digitalisierung in Deutschland. Breitbandzugang, Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung, digitale Angebote im Gesundheitswesen und Vieles mehr. Besonders interessant: Es wird dediziert die Veränderung bei diesen Aspekten während der Corona-Zeit herausgearbeitet.

In punkto Breitbandzugang etwa resümiert die Studie: “90 Prozent der Privathaushalte verfügen über ausreichenden Breitbandzugang von mind. 100 Mbit/s. Bei Schulen liegt die Abdeckung mit ausreichendem Breitbandzugang (>1.000 Mbit/s) unter 40 Prozent.“

Und für die Nutzung digitaler Angebote in der öffentlichen Verwaltung lautet das Fazit: „Seit Corona werden digitale Angebote in der öffentlichen Verwaltung verstärkt genutzt, dennoch insgesamt auf niedrigem Niveau.“ Nachfolgend ein Vergleich der Nutzungsmuster digitaler Angebote „Vor Corona“ vs „nach Corona“:

Die hier zugrunde liegende Fragestellung: Welche der folgenden Anwendungen haben Sie genutzt?

Die Studie von Boston Consulting Group können Sie HIER herunterladen.

Digitalisierungsgrad der EU-Länder nach dem DESI-Index

Der sogenannte DESI-Index (Digital Economy and Society Index) misst die Fortschritte der EU-Mitgliedstaaten auf dem Weg zur digitalen Wirtschaft und Gesellschaft. Dabei werden 37 Indikatoren zu 5 Dimensionen zugrunde gelegt: Konnektivität (z.B. Nutzung von und Versorgung mit Festnetz- und Breitbandanschlüssen, MobilfunkBreitbandanbindung und Preise), Humankapital (z.B. Kompetenzen der Internetnutzer und fortgeschrittene Fertigkeiten), Internetnutzung (z.B. Nutzung von Internet-Diensten und OnlineTransaktionen durch die Bürger), Integration der Digitaltechnik (z.B. Digitalisierung von Unternehmen und elektronischer Handel), Digitale öffentliche Dienste (eGovernment)

Das aktuelle Ranking nach dem DESI-Index sieht wie folgt aus:

Das Ranking können Sie HIER herunterladen.

Digital Riser Report 2021 des European Center for Digital Competitiveness: Deutschland fällt zurück

Das „European Center for Digital Competitiveness“ (ECDC) veröffentlicht regelmäßig Studien zum Stand der Dinge in Sachen Digitalisierung. Im sogenannten „Digital Riser Report“ wird die Veränderungsdynamik bewertet, sprich: Haben sich die Rahmenbedingungen positiv oder negativ verändert (also nicht: absolute Position der Standorte). Im aktuellen Report werden die Veränderungen zwischen 2018 und 2020 gemessen, die relevant sind für die digitale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes.

Bei der Auswertung greift der Report auf verschiedene Daten und Quellen zu: Global Competitiveness Report des Weltwirtschaftsforum (WEF), Weltbank, International Telecommunication Union. Als die beiden Hauptdimensionen der digitalen Wettbewerbsfähigkeit legt der Report Ökosystem und Denkweise zugrunde.

Kriterien für Ökosystem: Verfügbarkeit von Risikokapital, Kosten für die Gründung eines Unternehmens, Zeit für die Gründung eines Unternehmens, Leichtigkeit der Einstellung ausländischer Arbeitskräfte, Qualifikationen der Absolventen.

Kriterien für Mentalität: Digitale Fähigkeiten der Erwerbsbevölkerung, Einstellung zum unternehmerischen Risiko, Diversität der Arbeitskräfte, Mobilfunk-Breitband-Abonnements und Unternehmen, die bahnbrechende Ideen aufgreifen.

Auf dieser Basis ergibt sich folgendes globales Ranking (der Veränderungsdynamik):

Die Studie können Sie HIER herunterladen.

Studie „Weltklassepatente in Zukunftstechnologien“ der Bertelsmann Stiftung

Die Bertelsmann-Stiftung hat in der Studie „Weltklassepatente in Zukunftstechnologien“ untersucht, wie sich das Ranking Deutschlands bei sogenannten Weltklassepatenten verändert hat; dabei handelt es sich um besonders bedeutende Patente. Das lässt sich etwa anhand zweier Kriterien bestimmen: Erstens, Marktabdeckung. Das ist ein Indikator im Hinblick darauf, als wie bedeutend der Anmelder sein Patent selbst einschätzt. Die Marktdeckung erfasst, in wie vielen Ländern das Schutzrecht angemeldet wird. Zweitens, das Kriterium technologische Relevanz. Sie spiegelt die Fremdeinschätzung eines Patentes durch die Prüfer in den Patentämtern wider. Die technologische Relevanz ist generell umso höher, je häufiger ein Patent zitiert wird.

Das Fazit der Bertelsmann-Stiftung: “Gehörte Deutschland 2010 in 47 der in der Studie untersuchten 58 Technologiefeldern noch zu den drei Nationen mit den meisten Weltklassepatenten, hat sich dieser Anteil 2019 auf 22 Technologien mehr als halbiert. Diese Entwicklung betrifft auch Deutschlands traditionell starke Bereiche Industrie und Mobilität. Gerade bei digitalen Schlüsseltechnologien wie der künstlichen Intelligenz, Blockchain, Quantumcomputing und im Bereich der digitalen Datenwirtschaft legen insbesondere die USA und China ein anderes Tempo vor.“

Abbildung: Anteile von Weltklassepatenten im Bereich KI, 2000 -2019 – Quelle: Bertelsmann Stiftung

Die Bertelsmann Stiftung attestiert dem Standort Deutschland zudem einen Mangel an Sprunginnovationen. Mehr Details zu dieser Studie, aber auch eine Good-Practice-Recherche für sogenannte „missionsorientierte Innovationsstrateigen“ finden sich in einer mehrteilig angelegten Studie der Stiftung aus dem Jahr 2021. Mehr dazu in folgendem Blogpost: Erfolgsrezept für sozio-ökonomische Transformationen: Missionsorientierte Innovationsstrategien

Das Handelsblatt-Start-Up-Ranking: Berlin vs Paris

Jüngst verglich das Handelsblatt den Innovations-Hub Berlin gegen das Start-Up-Ökosystem Paris.

Bei der Anzahl an Start-ups hat Paris bzw. Metropole / Großraum Paris klar die Nase vorn (die Einwohnerzahl in Paris ist auch deutlich höher); bei anderen Kennzahlen liefern sich die beiden ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wagniskapital: “2019 lag Berlin vorn, 2020 Paris, am Ende des vergangenen Jahres stand es laut der Studie „State of European Tech“ wieder 7,1 zu 6,5 Milliarden Dollar für Berlin.“. Anzahl Einhörner: “Laut dem Analyseunternehmen CB Insights sind es in Paris 19, in Berlin 18.“

Was vor allem für Berlin spricht: Niedrigere Lebenshaltungskosten zum einen. Zum anderen befindet Lina Wenner (vom Londoner Investor Firstminute Capital): „Da sich Start-ups momentan in einem starken ‚War for Talents‘ befinden, spricht im direkten Vergleich aus meiner Sicht viel für Berlin“, erklärte die Investorin. „Berlins starke internationale Ausrichtung erleichtert es Gründerinnen und Gründern, auch Talente von außerhalb abzuziehen.“

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Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.