Kommt die Rechtsprechnung per KI-basiertem Algorithmus? – Sicherlich nicht. Aber Digitaltechnologie kann Rechtsanwälte in vielerlei Hinsicht bei deren Arbeit unterstützen: Bei der Suche nach relevanten Urteilen bis hin zur Identifizierung von prüfungsrelevanten Passagen in umfangreichen Vertragswerken. Hier gibt’s einen Überblick zu pfiffigen Geschäftsideen rund um LegalTech.
Hier stelle ich 7 vielversprechende Start-Ups aus Deutschland vor: Junge Unternehmen … Nicht älter als 7 Jahre. Viel Spaß beim Schmökern!
Legaltegrity
Gemäß der EU-Whistleblower-Richtlinie werden Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern (Nationalstaaten können die Schwelle jedoch auf bis zu 250 Mitarbeiter anheben) sowie Behörden und Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern dazu verpflichtet, Kanäle einzurichten, über die Verstöße gegen nationales und EU-Recht gemeldet werden können.
Um Unternehmen zu befähigen, diese Anforderung zu erfüllen, hat sich das Start-Up Legaltegrity mit einem easy-to-use Produkt positioniert. Das System läuft cloud-basiert und garantiert die Anonymität von Whistleblowern.
Übrigens: Die Gründer von Legaltegrity darauf hin, dass Straftaten im Wirtschaftsbereich nicht nur in regulatorischer Hinsicht Handlungsbedarf erzeugen. Denn es gilt: Unternehmen verlieren schätzungsweise 5% ihres jährlichen Umsatzes durch Straftaten im Wirtschaftsbereich.
Gründung in 2019. In Frankfurt / Main. Webseite: www.legaltegrity.com
Diese EU-Richtlinie müsste (eigentlich) bis zum 17.12.2021 national umgesetzt sein; allerdings gibt es bis dato keine Umsetzung in deutsches Recht. Das entsprechende Gesetzgebungsverfahren zum deutschen „Hinweisgeberschutzgesetz“ ist (im ersten Anlauf) im April 2021 gescheitert. Soviel zum Stand der Dinge …
Compensation2Go
Das Start-Up “Compensation2Go” hat ein einfaches wie alltagsrelevantes Geschäftsmodell: Durchsetzung von Entschädigungszahlungen, die sich für Fluggäste aufgrund erheblich verspäteter (Flugverspätung) oder ausgefallener Flüge (Flugausfall) ergeben. Diese Ansprüche bestehen nach Verordnung (EG) 261/2004.
Der Claim: „Wir helfen Ihnen nicht nur, Ihre Ansprüche gegen die Fluggesellschaft durchzusetzen, sondern zahlen Sie innerhalb von 24 Stunden nach Beauftragung aus. Wir kümmern uns dann auf eigenes Risiko um die Durchsetzung Ihrer Rechte.“ Eine solche Übernahme der Ansprüche erfolgt nach einem standardisierten, automatisierten Prüfprozesse der Ansprüche.
Die Kunden von Compensation2Go erhalten bereits 24h nach Beauftragung die Auszahlung. Kosten für diese Express-Entschädigung: 29% der Entschädigungssumme zzgl. MwSt (insgesamt 34,5%). Dafür trägt Compensation2Go das Kostenrisiko (Anwalt-, und Gerichtskosten).
Gründung in 2016. In Bochum. Webseite: www.compensation2go.com
Robin Zug
Ein vergleichbares Angebot gibt es mit dem Start-Up Robin Zug – und wie der Name bereits verrät, fokussiert das Unternehmen auf die Online-Abwicklung von Reklamationsanträgen bei Zugverspätungen. Laut Unternehmensangaben wurden seit Gründung bereits rund 80.000 Entschädigungen über Robin Zug erfolgreich ausgezahlt, die Erfolgsquote bei Reklamationen liegt bei 97% (ebenfalls eigene Angaben).
Was den Prozess deutlich vereinfacht: Dank der Verwendung einer bundesweiten Zugverspätungsdatenbank muss der Nutzer kein Erstattungsformular (weder auf Papier noch online) selbst ausfüllen. Der Service ist verblüffend kostengünstig, denn die „Servicegebühr“ (nur bei erfolgreicher Rückerstattung!) liegt 69 Cent und 1,99 Euro. Gründer Alexandre Jaeg wollte eine smarte Lösung für ein alltägliches Ärgernis von Ottonormalverbraucher*innen schaffen – hier ging es nicht darum, ein hochprofitables Geschäftsmodell hochzuziehen. Chapeau!
Gründung in 2016. In Augsburg. Webseite: www.robin-zug.de
Codefy
Das Start-Up Codefy bietet für seine Kunden (z.B. Bayerisches Staatsministerium der Justiz, das Bauunternehmen MAX BÖGL oder das Ministerium der Justiz und für Europa in Baden-Württemberg) eine Plattform zur effizienteren Bearbeitung von Ausschreibungen, Verträgen und vergleichbaren Dokumenten. Was die Effizienz ermöglicht: Der Einsatz von KI-gestützten Prüfungsroutinen komplexer Vertragswerke und ein Workflow für. Ein Testimonial bringt’s auf den Punkt:
“Allein der Tag-Workflow von Codefy funktioniert so gut, dass wir bei der Vertragsprüfung ab dem ersten Tag 20% schneller arbeiten konnten. Mit Codefy können auch sehr umfangreiche Verträge schnell und zuverlässig analysiert werden.“ – Charalampos Aslanidis, Project Manager bei reThinkLegal
Gründung in 2019. In Heidelberg. Webseite: www.codefy.de
Jurando
Jurando ist ein von Anwälten gegründetes Datenschutz-Startup, das Unternehmen eine einfache Lösung ohne Kostenrisiko bietet. Das Angebot? – Bitte schön!
Gründung in 2017. In Lüdenscheid. Webseite: www.jurando.de
Legalvisio
Auch die Legalvisio GmbH ist eine Ausgründung etablierter Kanzleien (Kanzlei Wilde Beuger Solmecke, HW Partners AG). Das Ergebnis: Eine Cloud-Kanzleisoftware (SaaS), die die Bearbeitung von Rechtsfällen vereinfacht und effizienter macht. Akten und Kontaktdaten werden digitalisiert, organisatorische Aspekte der Kanzlei werden hier abgebildet wie etwa Termine, Verfügungen, Wiedervorlagen, Fristen, Termine und den Posteingang. Über 40 Anwaltskanzleien setzen Legalvisio bereits ein.
Das Angebot fällt in der Taxonomie von LegalTech Angeboten in die Kategorie „Law Practice Management Programme“: Software zur Verwaltung von elektronischen Fall- und Kundenakten, Rechnungslegung und Buchhaltung, Terminen und Abgabefristen, Computerdateien und zur Erleichterung etwaiger Compliance-Anforderungen.
Gründung in 2016. In Bonn. Webseite: www.legalvisio.de
Jurafuchs
Das Jungunternehmen (das bereits Investitionen in Millionenhöhe eingesammelt hat) bietet Lernapps für angehende Juristen, um sich auf Prüfung vorzubereiten. Nach eigenen Angaben ist Jurafuchs mit 15 Millionen Lernerfahrungen und 140.000 Nutzer:innen schon jetzt “die führende Lern-App für juristische Bildung in Deutschland”.
Gründung in 2018. In Berlin. Webseite: www.jurafuchs.de
Empfehlung: Legal Tech Blog
Auf dem Legal-tech.Blog bin ich im Übrigen auf eine sehr hilfreiche und differenzierte Taxonomie von Legal Tech Start-Ups aufmerksam geworden. Wer tiefer einstiegen will in die LegalTech-Szene, dem empfehle ich eben diese Lektüre. Hier geht’s zum Blogpost: Legal Tech Start-Ups in Germany
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