Nutzen statt Besitzen. Diese Idee hat gar die Idee eines eigenen Wirtschaftssegments hervorgebracht: Die Sharing Economy. Einige bekannte Silicon Valley-Börsenstars zählen zu eben dieser Sharing Economy: AirBnB, UBER, Lyft und weitere. Zwar werden Player wie UBER oder Lyft auf absehbare Zeit keinen Break-Even erreichen; und auch AirBnB war nur kurzfristig profitabel, rutschte spätestens 2020 wieder in die roten Zahlen. Die Zuversicht in das Geschäftsmodell von Unternehmen der Sharing Economy ist jedoch ungebrochen.

Ist das eigentlich „Sharing“, wenn ein Unternehmen Assets leihweise zur Verfügung stellt? Ist der Fahrradverleih dann bereits „Sharing Economy“? Das kann jeder für sich selber beantworten. Klar ist: Die Grenzen zwischen B2C-Sharing und C2C-Sharing (also: von Privatperson zu Privatperson) verschwimmen ohnehin. Viele Wohnungen auf AirBnB werden nicht etwa temporär angeboten, sondern ganzjährig von professionellen Anbietern. Gleiches gilt für UBER. Ist die „Sharing Economy“ also alter Wein in neuen Schläuchen? – Das kann jeder für sich selbst entscheiden. Fakt ist: Nutzen statt Kaufen gilt für alle aufgeführten Fälle.

Hier stelle ich 7 vielversprechende Start-Ups aus Deutschland vor, die auf die Sharing Economy setzen. Junge Unternehmen (nicht älter als 7 Jahre). Viel Spaß beim Schmökern!

Grover

Beim Jungunternehmen Grover wird Technik vom Smartphone bis zur Arbeitsstation auf Monatsbasis bereitgestellt. Wollen Sie einmal die SONY-Playstation für einen oder drei Monate auszuprobieren? – Kein Problem! Grover sorgt auch für eine maximale wirtschaftliche Nutzungsdauer der Geräte: Die Geräte werden wieder aufbereitet. So wird Elektromüll vermieden, es ist ein Beitrag zu einer Kreislaufwirtschaft.

Das Jungunternehmen hat im Covid-Jahr 2020 sogar einen besonderen Aufschwung erlebt: Home Office wurde auf breiter Basis genutzt, dazu gewannen Freizeitaktivitäten wie Gaming an Bedeutung.

Gründung in 2015. In Berlin. Webseite: www.grover.com

AZOWO

In Deutschland gibt es inzwischen ca. 220 Carsharing Anbieter mit ca. 25.000 Fahrzeugen. Dort sind insgesamt über 2,3 Mio. Nutzer registriert. Dabei handelt es sich um die „professionellen Car-Sharing Anbieter“. Dem steht das „private Car-Sharing“ gegenüber, wo Privatpersonen Fahrzeuge von Privatpersonen nutzen: getaround bietet etwa eine Plattform für diese Art des Angebots (der Anbieter ist ein kalifornisches Unternehmen, aktiv auf dem deutschen Markt).

CarSharing gib es mindestens seit Mitte der 1990er, damals bin ich zum ersten Mal auf diese Idee gestoßen. Immer wieder werden dynamische Wachstumszahlen vermeldet. Es gilt jedoch ebenfalls, dass der Fahrzeugbestand für Car Sharing in Deutschland gerade einmal 0,04 Prozent des gesamten Fahrzeugbestandes ausmacht. Viele Unternehmen haben sich ernüchtert aus diesem Markt zurückgezogen, weil sie kein Geld damit verdienen. Anfang 2020 hat etwa auch das Start-Up Oply den Betrieb eingestellt.

Es bleibt abzuwarten, wie sich das Geschäftsmodell von Car-Sharing Anbietern weiterentwickelt. Während mir kein deutsches Start-Up mit Geschäftsmodell für das private Car-Sharing oder das professionelle Car-Sharing bekannt ist, gibt es dennoch ein Start-Up mit einem Geschäftsmodell, das vom Car-Sharing Prinzip abgeleitet ist. Das junge Unternehmen AZOWO stellt Unternehmen eine Software bereit, um die eigene Fahrzeugflotte nach dem Car-Sharing-Prinzip zu nutzen. Denn es gilt, dass viele Unternehmen eine sehr ineffiziente Auslastung ihrer Fahrzeugflotte haben. Das Unternehmen verspricht bis zu 40 Prozent bessere Auslastung. Auch der Risikokapitalinvestor Project A ist bereits in das Jungunternehmen investiert.

Die Mobility Sharing Lösung von AZOWO erlaubt eine einfache gemeinschaftliche Nutzung von Fahrzeugen. Fahrer buchen ganz einfach freie Fahrzeuge aus dem Fahrzeugpool via Web-Portal oder App. Zugang zum Fahrzeug erhalten Fahrer ebenfalls via App oder über RFID-Chips.

Gründung in 2015. In Biberach an der Riß, Baden-Württemberg. Webseite: www.azowo.com

ChargeIQ

Das Start-Up ChargeIQ setzt den Gedanken der Sharing Economy im Mobilitätssektor nicht für das Auto, sondern für die Ladestationen von Elektrofahrzeugen um. Der Claim lautet: “Die einfachste Möglichkeit, mit deiner Ladestation Geld zu verdienen.“. Eine gute Idee, die einen Beitrag zu einer der drängendsten Herausforderungen bei der Verbreitung der Elektromobilität leisten kann, nämlich: Ein lückenhaftes Netz an Ladestationen.

ChargeIQ ist außerdem Initiator des Projektes Bürgerladenetz BW. Worum geht es hierbei? – Die Initiatoren selbst schreiben: „Es ermöglicht Ihnen als Pilotkunden die Installation einer E-Ladestation, die nicht nur für sich selbst genutzt, sondern auch der Allgemeinheit gegen ein selbst zu bestimmendes Entgelt zur Verfügung gestellt werden kann.

Gründung in 2020. In Leinfelden-Echterdingen, Baden-Württemberg. Webseite: www.chargeiq.de

MAMI POPPINS

Die Anforderungen an Sharing Angebote können je Markt sehr unterschiedlich sein, auch eine gute Beratung gehört dazu. So ist es nicht verwunderlich, dass Sharing-Anbieter häufig Marktnischen besetzen. Auch der Markt für junge Eltern ist ein solcher Markt. Wir erinnern uns an den durchschlagenden Erfolg des Online-Händlers windeln.de, der heute (ca. 10 Jahre nach Gründeung) über 80 Mio. Euro Umsatz generiert.

Das von Müttern gegründete Start-Up Mami Poppins positioniert sich als Premium-Kinderwagen und Babyausstattung Vermietung in Deutschland. Junge Eltern können dort Ausstattung für kurzfristige Bedarf mieten. Oder Kunden nutzen das Mietangebot zum Ausprobieren – nach der Mietphase erfolgt dann der Kauf.

Gründung in 2015. In Düsseldorf. Webseite: www.mami-poppins.de

nebenan.de

Wer eine Sharing Economy erreichen will, der kann einerseits Plattformen aufbauen, die eben diese gemeinsame Nutzung von Assets technologisch und vertragsrechtlich operativ umsetzt. Andererseits kann man auch Communities aufbauen und stärken, in denen eben dieses Teilen und die gemeinsame Nutzung stattfindet. Genau das ist der Gedanke des Start-Ups nebenan.de, das die Communities in Nachbarschaften stärkt. Wer Mitglied von nebenan.de ist, der kann das bestätigen (ich selbst bin auch bei nebenan.de).

In den Worten von nebenan.de: “Als Sozialunternehmen ist es unser Ziel Nachbarn wieder miteinander in Austausch zu bringen und so zu einer lebendigen, helfenden und sicheren Nachbarschaft beizutragen. Wir sind überzeugt davon, dass funktionierende Nachbarschaften eine Antwort auf viele unserer aktuellen, gesellschaftlichen Herausforderungen liefern können.“

Gründung in 2015. In Berlin. Webseite: www.nebenan.de

GEARO

Nachfolgend stelle ich einmal ein Start-Up vor, wo die Gründer eher Teilzeit-Entrepreneure sind. Für die Gründer Maximilian Heere und Paul-Benedikt Peeters geht es um Leidenschaft für eine gute Idee – ganz gleich, ob dabei das nächste Unicorn entsteht oder nicht. Denn beiden fiel bei ihren Projekten als Fotografen und Filmer auf, dass verblüffend viel (teures) Equipment zwischen den kreativen Projekten ungenutzt bleibt.

Die Plattform gearo ermöglicht es, Equipment von Objektiven bis hin zur Flugdrohne für vermieten. Der Prozess ist einfach, das Equipment ist voll versichert. Die Abholung erfolgt direkt beim Verleiher und wird auch wieder dort zurück gebracht.

Gründung in 2015. In Köln. Webseite: www.gearo.de

Depot-Leipzig

Das Teilen lässt sich (zumindest in Teilbereichen) gewinnbringend organisieren. Es ist andererseits auch klar, dass Teilen in vielen Fällen zwischen Nachbarn, Freunden und Ähnlichem keine kommerzielle Komponente hat. So ist es auch nicht verwunderlich, dass es einige (lokale, regionale) Initiativen zur Sharing Economy gibt, die gemeinnützigen oder karitativen Charakter haben. Eine dieser Projekt möchte ich stellvertretend vorstellen, nämlich das Depot.

Hinter dem Depot steht eine Stiftung. Auf der Plattform werden Ressourcen von Nutzern bereitgestellt und können gegen Entgelt abgegeben werden. Nutzer können über einen Buchungskalender angeben, in welchem Zeitraum die Ressource genutzt werden soll. Eine Besonderheit: Wer seine Ressourcen in das Depot einstellt, muss die Bedingung erfüllen, dass diese Ressource von gemeinnützigen Organisationen zu Selbstkosten (Kosten zur Beschaffung, Wartung und Reparatur) genutzt werden kann.

Das Depot gibt es gegenwärtig in Leipzig und Halle. Im Rahmen des Social Franchising soll das Angebot sukzessive auf weitere Städte und Regionen ausgeweitet werden.

Gründung in 2019. In Leipzig. Webseite: www.depot.social

Kritische Stimmen zu den Erwartungen an die Sharing Economy

Spannende StartUps in weiteren Branchen und Unternehmensbereichen

Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.