Die Bedeutung von Digitalisierung in M&A wächst, und das aus mehreren Gründen: Es fängt etwa damit an, dass Targetunternehmen immer häufiger Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen sind. Hinzu kommen wachsender Zeitdruck, steigender Performance Druck und eine immer höhere Komplexität von Deals.

Die Digitalisierung beginnt bereits am Beginn der M&A Prozesskette: im Deal Sourcing – kein Wunder angesichts des hohen Dealflows: Allein im DACH-Raum gibt es jährlich rund 20.000 On-Market Targets, und die Zahl von „verkaufswilligen“ Unternehmen wird weit höher geschätzt: rund 85.000. Der Markt ist stark fragmentiert, die Anzahl an M&A Beratungshäusern einerseits und Käufern andererseits ist hoch: Mehrere Tausende M&A Beratungshäuser sind in DACH aktiv – und natürlich können hier Digitale Plattform Transparenz schaffen:

Die „Matchmaking“-Plattform Dealsuite (www.dealsuite.com) gibt es bereits seit 2017. Mehr als 1.400 M&A-Beratungen, Beteiligungsgesellschaften und Corporate M&A-Teams sind hier bereits aktiv. Täglich werden hier Dutzende von Deals eingestellt. Tendenz: steigend.

In diesem Interview spreche ich mit dem Managing Director DACH von Dealsuite, Alexandre Narayanin (Zum LinkedIn Profil). Er begleitet die Unternehmensentwicklung quasi von Anfang an, und ist mit den Trends in diesem Markt tief vertraut.

Sebastian Zang: Lieber Herr Narayanin, Dealsuite bietet einen smarten Marktplatz für Käufer und Verkäufer, dazu Features wie einen Dealroom oder NDA Templates. Dealsuite sieht sich als größte Plattform in Europa – und tatsächlich gilt: US Anbieter spielen in diesem Segment keine relevante Rolle. Wie würden Sie die Erfolgskriterien für diesen Markt beschreiben, reicht hier eine technische Plattform für den Erfolg aus? Und: Erwarten Sie in Europa künftig noch Wettbewerb durch einen größeren US-Player?

Alexandre Narayanin: Eines der Erfolgskriterien für den europäischen Markt ist es, die richtige Herangehensweise für die verschiedenen Märkte zu haben und zu verstehen, was die M&A Märkte ausmachen. Betrachten wir alleine die DACH Region, haben wir drei Länder mit unterschiedlichen Kulturen, mehreren gesprochenen Sprachen und verschiedenen Grundvoraussetzungen beim Thema Technologie und deren Akzeptanz. Ein anderer Punkt ist es, eine nicht nur sehr präsente Marke aufzubauen, sondern auch Vertrauenswürdigkeit zu vermitteln: M&A ist und bleibt ein People’s business.

Ich gehe nicht davon aus, dass künftig US-Spieler erfolgreich den Vertical M&A Deal-Origination Markt “gewinnen” werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass Spieler aus den USA oder dem asiatischen Raum versuchen werden, in Europa Fuß zu fassen. Jedoch gehe ich nicht davon aus, dass sie sich schnell oder einfach etablieren werden.

Sebastian Zang: Welche Trends beobachten Sie gegenwärtig in Ihrem Zielmarkt?

Alexandre Narayanin: Die zwei relevantesten Megatrends die wir erkennen sind die unaufhaltsame Digitalisierung, die alle Branchen betrifft, und das Thema ESG, welches sich seinen Weg durch Unternehmen jeder Größe bahnt.

Die Digitalisierung bringt neue Geschäftsmodelle auf den Markt und verändert – zumindest teilweise – den Kern des Mittelstands. Wir reden von einer Akzeptanzkurve, die noch nicht auf ihrem Höhepunkt ist. Klassische Unternehmen haben durch die Akquisition von Technologieunternehmen die Chance, ihre eigenen Fähigkeiten zu erweitern und neue Synergien zu erschließen. Außerdem kann die Digitalisierung einem Unternehmen zu mehr Skalierbarkeit und Automatisierung verhelfen.

Dealsuite bietet eine SaaS-Lösung an, wir sind also ein Ergebnis der Digitalisierung in der M&A-Branche. Laut des Bain & Company Global Private Equity Reports 2022, sehen die meisten Beteiligungsgesellschaften 15 bis 30 Prozent der für sie relevante Projekte. Das erste Quartil sieht durchschnittlich bis zu 40 Prozent. Wir bieten eine Lösung an, die es ermöglicht, mehr relevante Deals zu sehen.

Die Themen Lieferketten, Resilienz und Fachkräftemangel sind natürlich auch sehr präsent … Vielleicht für ein anderes Interview (lacht).

Sebastian Zang: Die Bereitstellung hochvertraulicher Daten auf einer Plattform setzt ein hohes Vertrauen voraus. Und mit wachsendem Vertrauen dürfte die Breite und Tiefe an bereitgestellter Information steigen … und letztlich auch neue Nutzungsmöglichkeiten eröffnen. Welche Entwicklung bei der Bereitstellung von Information auf Ihrer Plattform sehen Sie?

Alexandre Narayanin: Wir nehmen in der Tat wahr, dass die Fülle an Informationen in den Projektbeschreibungen zunimmt. M&A-Intermediäre scheinen dem Dealsuite Tool ein steigendes Vertrauen entgegenzubringen. Ich weiß, dass es in der Anfangszeit einen gewissen Vorbehalt gab, hochvertrauliche Daten über einen Dienstleister im Internet zu teilen. Technologie erleichtert den Zugang zu Informationen, bei Dealsuite sind wir uns diesem Spannungsverhältnis bewusst und bieten die Möglichkeit an, bis zu 100 Datenpunkte eines Projektes einzugeben, wovon nur 10 Prozent tatsächlich Pflichtfelder sind. Aktuell werden im Schnitt 59 Datenpunkte je Projekt von den M&A-Beratern zur Verfügung gestellt, das ist ein Anstieg um 200% seit dem Produktlaunch 2017.

Dealsuite ist zwar seit 2017 am Markt, jedoch betreiben wir das Online-Matching von M&A Angebot und Nachfrage bereits seit 2008. Brookz ist unsere Schwestergesellschaft und erreicht 20.000 M&A Profis und Unternehmer pro Tag in den Niederlanden.

Sebastian Zang: Was waren respektive der größte und der kleineste Deal – bezogen auf Umsatz des Targetunternehmens – die über Ihre Plattform gelaufen sind?

Alexandre Narayanin: Es werden Projekte von Unternehmen ab einem Jahresumsatz von einer Million Euro eingestellt. Das größte Projekt hatte einen Umsatz von einer Milliarde Euro. Der Sweetspot des Dealflows liegt zwischen 10 bis 50 Millionen Euro Umsatz.

Sebastian Zang: Der deutsche Markt ist ja durch eine besonders strenge Auslegung der Datenschutzrichtlinien charakterisiert. Betrifft dies auch Dealsuite und was bedeutet das für das Offering bzw. das Handling durch die Nutzer?

Alexandre Narayanin: Das stimmt, wir sehen einen Unterschied bei den Anforderungen zwischen Deutschland und dem restlichen Ökosystem.

Wir gehen das Thema mit Transparenz und Erklärung an. Transparenz bezüglich der technischen Gestaltung des Online-Produktes, inkl. klaren Verhaltenskodex für die Nutzerinnen und Nutzer, sowie der persönliche Austausch – bevorzugt in Person – mit der M&A Community, sind unsere Prioritäten.

Das gleiche gilt auch für unsere Kooperationspartner, wir arbeiten mit europäischen Unternehmen zusammen, Admincontrol kommt aus Norwegen und ist genauso umsichtig mit den Nutzerdaten in ihrem Datenraum-Angebot wie wir bei Dealsuite.

Sebastian Zang: Welche Käufergruppe hat eine besondere Affinität zum Angebot von Dealsuite: Corporates, PE-Häuser, Fonds?

Alexandre Narayanin: Wir haben uns dafür entschieden, dem professionellen Segment des Käufermarktes eine Lösung anzubieten. Beteiligungsgesellschaften aus den Bereichen Private Equity und Family Office nutzen Dealsuite zur Anreicherung ihres Dealflows. Ebenfalls erkennen Industrieholding-Strukturen, C-Level Führungskräfte von KMUs und Corporate M&A Abteilungen von Konzernen einen Mehrwert in Dealsuite.

Dealsuite ist ein globales Ökosystem von über 4.000 M&A Professionals aus 50 Ländern. Für uns sind alle Nutzergruppen wichtig, da wir stetig wachsen und einen relevanten Dealflow anbieten wollen.

Sebastian Zang: Wie sieht die Roadmap für die Weiterentwicklung der Plattform aus, was kommt noch an Features in den nächsten 2, 3 Jahren?

Alexandre Narayanin: Ich denke, dass unser neuestes Softwareupdate (Zum LinkedIn-Video) seit Oktober online einen guten Überblick darüber gibt, wie benutzerfreundlich das Dealsuite Tool ist. Wir legen Wert darauf, die Oberfläche so intuitiv und übersichtlich wie möglich zu gestalten. Somit fällt es unseren Kunden einfach, das Tool effektiv einzusetzen. Der Mehrwert ist vielschichtig und abhängig je Nutzertyp und gewünschten Nutzungsumfang. Unsere drei Leitlinien bei der Produktentwicklung sind Kundenfeedback, Benutzerfreundlichkeit und Flexibilität.

Das Datenraum-Angebot beispielsweise unseres Kooperationspartners Admincontrol, kann man ohne Projekteingabe bei Dealsuite verwenden. Konkret beschäftigen wir uns zur Zeit mit den Themen ESG, Wachstumsraten und Arten von Geschäftsmodellen.

Wir schalten jede Woche kleinere Updates live, in den kommenden Jahren werden wir weiterhin daran arbeiten der Käuferseite mehr Projektinformationen zur Verfügung zu stellen, und es gleichzeitig so niedrigschwellig wie jetzt der Verkäuferseite zu gestalten, Projekte bei Dealsuite einzustellen, ganz nach dem Motto „(fast) alles kann, und (fast) nichts muss“.

Sebastian Zang: Lieber Herr Narayanin, besten Dank für Ihrer Zeit. Die besten Wünsche für die Fortsetzung der Success Story von DealSuite und auch Ihnen alles Gute!

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Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.