Die South by Southwest (SXSW) ist ein jährlich stattfindendes Festival in Austin, Texas, und zwar rund um Musik, Film, interaktive Medien und Tech. Dieses Jahr: Vom 10. Bis 19. März, es werden einige Hundertausend Besucher erwartet. Es lohnt, einen Blick auf die SXSW zu werfen, hier kündigen sich Trends an, hier wird Zukunft diskutiert. Nachfolgend einige (persönliche) Highlights.

Es ist geradezu Tradition, dass das Future Today Institute (FTI) auf der SXSW den jeweils neuesten Tech Trend Report released; das macht die FTI-Gründerin und SXSW Legende Amy Webb (Zum Linked-In Profil: HIER ) höchstpersönlich, in der Regel verbunden mit einem vorsichtigen Ausblick auf die längerfristigen Auswirkungen der identifizierten Trends.

Wer den Tech Trend Report kennt, weiß um die hohe von KI auf gerade alle Bereiche des Lebens, und so nimmt es auch nicht Wunder, dass Speakerin Webb in ihrer Keynote auf eben das Thema fokussiert: Alles um uns herum würde zu Informationen, die verarbeitet und zum Trainieren von KI-Modellen verwendet werden können; die Entwicklung steuere auf hochgradig fähige, generalistische KIs hin, die auch die Capabilities von ChatGPT klar in den Schatten stellen werden. Kritisch sieht Webb hierbei, dass die Infrastruktur zum Betreiben dieser KIs realistischerweise nur von ein paar großen Technologieunternehmen bereitgestellt werden könne, was bestehende Monopole in der digitalen Infrastruktur weiter verfestige; es stelle sich die Frage nach Regulierung und Ethik.

In ihrem Vortrag zeichnete Webb zwei mögliche Szenarien für das Jahr 2033. Ein Optimistisches: Hier sind KI und das Datenmanagement auf den Menschen ausgerichtet; das Gemeinwohl steht in einem transparenten und dezentralisierten System mit Opt-in-Datenfreigabe im Mittelpunkt. Das Pessimistische Szenario: Hier fließen unsere digitalen Fußabdrücke ständig in Modelle ein, was zu einer aggressiven Kuratierung und Empfehlung (Nudging) anstelle einer echten Auswahl für den Nutzer führt. Am Ende sind wir von Informationen umgeben, können aber nicht die Dinge bekommen, die wir eigentlich wollen. Die Wahrscheinlichkeit für das pessimistischere Szenario stuft Webb dabei beunruhigenderweise als höher ein …

Bereits in Ihrem 2019 herausgegebenen Buch The Big Nine thematisiert die Quantitative Futuristin diese Szenarien. Und das Material von Amy Webb’s Vortrag kann hier heruntergeladen werden: DOWNLOAD HIER

Und natürlich findet auch der Hype um ChatGPT seinen Widerhall auf der SXSW. Zum einen wurde am Dienstag das neue ChatGPT-4 released, der als neuer KI-Meilenstein gilt. „ChatGPT ist jetzt smarter als die meisten Anwälte in den USA und kann bei einer Biologie-Olympiade ganz oben mitmischen“, so Christian Byza, Chef der KI-Lernplattform Learn.xyz. Bei der Anwaltszulassungsprüfung gehöre GPT-4 “zu den besten zehn Prozent der Teilnehmer“.

Zum anderen gibt es gibt ein einstündiges Interview mit OpenAI’s Co-founder und President Greg Brockman (Zum Linked-In Profil: HIER ), das sehr kurzweilig ausfällt. Greg Brockman spricht über die Anfänge von OpenAI, über Meilensteine bei der Entwicklung des Large Language Models bei OpenAI, über die Gründe für den Wechsel der Rechtsfrom von der Non-Profit-Organisation, über den Umfang des Testings vor dem Release von ChatGPT, auch über missbräuchliche Nutzungsmuster und derlei mehr:

Auf der 10-tägigen Veranstaltung wurde / wird eine denkbar große Anteil an Themen adressiert, hier noch einige weitere, die ich interessant fand:

Etwa die Frage, welchen Impact der Datenschutz auf die Zukunft der digitalen Werbung haben wird. Dazu Noor Naseer (Zum Linked-In Profil: HIER ) von Basis Technologies. Der Keynote-Speaker weist auf das wachsende Bewusstsein der Verbraucher über den Umgang mit ihren Daten hin, die zunehmende Regulierung und die sich verändernde Medienlandschaft; all das werde Vermarkter dazu zwingen, ihre digitalen Werbestrategien zu überdenken. Cookies von Drittanbietern verschwinden, viele Tracking- und Attributionssysteme sowie Targeting-Optionen werden damit obsolet. Die große Frage der digitalen Werbeindustrie: Wird es praktikable Alternativen geben? – Die Antwort: Nur teilweise.

Und natürlich darf auch der Blick nach China nicht fehlen, wo Digitalisierung und KI dank einer geradezu unerschöpflichen Datenbasis in hohem Tempo vorangetrieben wird: WeChat ist ein Beispiel für eine Super-App im early stage, die von Social Media bis Shopping ein nahtloses Kundenerlebnis schafft. Auch in anderen Bereichen entwickeln sich bemerkenswerte digitale Geschäftsmodelle: Eines davon ist der gemeinschaftliche Gruppenkauf, bei dem sich zum Beispiel ein Dorf zusammenschließt, um Produkte in großen Mengen zu günstigen Preisen von Anbietern zu kaufen.

Und dann ist da noch Mike Bechtel (Zum Linked-In Profil: HIER ), Chief Futurist bei der Beratungsgesellschaft Deloitte. Seine zentrale These: Die Zukunft der Datenverarbeitung liege in dezentralen Systemen, und die heutigen Benutzerschnittstellen (UI) – nämlich: Bildschirme – werden schon bald Anachronismen der Vergangenheit sein, wenn die wichtigste Schnittstelle die Sprachsteuerung und kontextbezogene Automatisierung sein wird.

Ein weiteres großes Diskussionsthema war der Aufstieg von medialer Interaktion von (Einzelhandels)Marken im Retail: Für Unilever beispielsweise sind eben diese Einzelhandelsmedien ein perfektes Instrument, um die schwer fassbare letzte Meile im Geschäft zu kontrollieren, auf der die entscheidenden Kaufentscheidungen tatsächlich getroffen werden – dies wurde bislang ausschließlich vom Einzelhandel kontrolliert. Der digitale Einzelhandel und die Einzelhandelsmedien geben den Marken hier viel mehr Kontrolle – vorausgesetzt, die Interaktionen mit den Verbrauchern sind nicht rein transaktional, sondern kreativ und unterhaltsam und die Marken erhalten Zugang zu den generierten Daten. Und der letztere Punkt ist hochspannend, gerade im Hinblick auf Customer Insights durch KI.

Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.