Vor einiger Zeit bemerkte die Nachhaltigkeitsautorin und Professorin Maja Göpel in einem Podcast der Handelsblatt-Serie „GREEN“ (04.11.2021) einmal: Es würden sich andere Freizeitmuster herausbilden bei adäquater Bepreisung des Ressourcenverbrauchs: „Vielleicht kommt dann sowas wie Kino, Tanzen, Theater, Musik, mit Freunden Quatschen, …“

Dieser Idee folgend, wollte ich einmal herausfinden, welchen CO2-Fußabdruck mein Hobby Musik – präziser: ePiano – eigentlich hat. Nach einigen Recherchen kann ich sagen: Das kann man bestenfalls näherungsweise beantworten … aber wie immer beim Blogschreiben, ist der Weg (also: die Recherche) zu diesem Blog gesäumt von interessanten Anekdoten und Erkenntnissen. Nachfolgend teile ich das mal.

Am einfachsten kann man heute für eine Flugreise den CO2-Fußabdruck bestimmen … . Auch für einige Produkte (Produktkategorien) sind einige Hersteller mutig vorangeschritten und machen Angaben, natürlich unter dem Vorbehalt einer Datenermittlung, die in Teilen auf Schätzungen zurückgreifen muss.

Zu diesen Pionieren zählt etwa der europäische Stahlhändler Klöckner. In einem Handelsblatt-Artikel (30.01.2023) war jüngst zu lesen: ”Der größte unabhängige Stahlhändler Europas schafft CO2-Transparenz bei nahezu allen 200.000 Produkten des Konzernportfolios. (…) Über ein Jahr lang wurden die Emissionen über die gesamte Wertschöpfungs- und Lieferkette ermittelt. „Die Datensammlung erstreckt sich über Lieferketten, die fast den gesamten Globus umfassen.“

Anderes Beispiel: DELL gibt für seine Geräte den Carbon Footprint an. Hier finde ich etwa auch meinen Laptop, und dazu gibt es ein gut verständliches Produktblatt mit Carbon Footprint Produktinfos. Mein Laptop hat einen CO2-Fußabdruck für die GESAMTE Lebensdauer von rund 270kg. Aufgrund von Schätzwerten und auch aufgrund unterschiedlicher Strommixe zum Betrieb des Laptops kann der tatsächliche Wert um ca. 20% mehr oder weniger abweichen.

Und es wird sehr nachvollziehbar aufgeschlüsselt, wie DELL zu diesen Zahlen kommt:

Hier sieht man etwa auch, dass ca. 22% der CO2-Fußabdrucks vom Stromverbrauch kommen. Es werden ca. 29 KwH pro Jahr zugrunde gelegt; man kann dann einfach plausibilisieren, ob das stimmt. Nach Informationen des Umweltbundesamtes verursacht ein kWh rund 0,5 Kilogramm C02 (das schwankt natürlich, je nach Anteil der Erneuerbaren beim Strommix; die Re-Aktivierung der Kohlekraftwerke hat das leider nicht verbessert).

Nota Bene: Recherchen durch Jens Gröger, Senior Researcher beim Öko-Institut kommen zu deutlich geringeren Werten: Nämlich ca. 76kg bei Produkt – zuzüglich 12kg je Jahr Nutzung. Hieran sieht man zum einen: Es gibt noch erhebliche Unsicherheit zum CO2-Footprint von Produkten – und DELL rechnet sich definitiv nicht schön.

Auch für Smartphones gibt es eine gute öffentlich verfügbare Informationsbasis: Über den gesamten Lebenszyklus liegt der CO2-Fußabdruck bei ca. 50kg. Hierin nicht enthalten, ist die Netzwerk- und Internetnutzung (Stromverbrauch ist aber eingepreist, das macht, ca. ein Drittel aus).

Auch für Videostreaming gibt es eine interessant Zahl: Auf einem BBC-Blog findet sich der Hinweis, dass ein “Carbon Trust whitepaper found the carbon emissions from one hour of online video streaming in 2020 to be 56 gCO2e/device-hour”. Wir haben in Deutschland einen Durchschnitt von 7 Stunden Medienkonsum pro Tag; wenn dieser Medienkonsum ausschließlich in Konsum von Online Video Streaming bestünde (was natürlich nicht der Fall ist), dann entspräche das 143 Kilogramm. Huiii.

So, jetzt aber zurück zu meinem ePiano. Das einfachste ist der Stromverbrauch: So ein ePiano verbraucht (bei mittlere Lautstärke der Lautsprecher) rund 10 bis 20 Watt (nur mit Kopfhörern weniger). Nehmen wir an, ich spiele 8 Stunden pro Woche, dann macht das 8h * 52 * 15 Wh, das ergibt: 6,2 kWh. Vom Umweltbundesamt (vgl. oben) wissen wir, dass eine kWh 0,5kg CO2 verursacht (also: ein Wh = 0,5g C02), also sind wir bei 3 kg. Das ist sehr überschaubar … gerade im Vergleich zu Videostreaming. Für eine Stunde Online Videostream kann ich umgerechnet übrigens siebeneinhalb Stunden ePiano spielen … .

Bei der Bestimmung des CO2-Fußabdrucks für Produktion und Transport des ePianos wird es deutlich schwieriger. Ich habe mal ChatGPT gefragt, diese KI hat ja bereits die Weiten des Internet durchforstet. Antwort: “According to a study conducted by the Carbon Trust, a typical electric piano has a carbon footprint of around 100 kgCO2e (carbon dioxide equivalent) when considering its entire life cycle, from production to disposal.”.

Also, wenn man für ein Smartphone 50kg ermittelt (davon ca. 40kg Produktion), dann muss ich hinter 100kg für ein ePiano ein Fragezeichen setzen. Eine Studie des Carbon Trust mit Hinweisen zu ePianos habe ich nicht gefunden, aber die Seite des Carbon Trust ist nicht sonderlich ergiebig; Das muss ich also verifizieren – möglicherweise „halluziniert“ ChatGPT hier …

Was ist zum Beispiel mit einem Fernsehgerät: Das hat Lautsprecher, ist in der Größe vergleichbar … schauen wir uns das mal an, hier gibt es Zahlen: Qua Recherchen des Öko-Instituts verursacht die Produktion eines TV-Geräts ca. 170 kg; das dürfte sehr stark von der Bildschirmgröße abhängen, das ist hier nicht weiter differenziert. In einer anderen Studie des gleichen Instituts wird der Wert mit 200 kg beziffert. Als „oberen“ Wert für die Bestimmung eines Näherungswertes für ein ePiano greife ich mir noch ein Produkt aus dem DELL-Portfolio heraus: Einen All-in-One Bildschirm+Desktop, den „Dell OptiPlex 7780 All-in-One Desktop“. Der CO2-Footprint bei Herstellung liegt hier bei 320 kg.

Nehmen wir durchaus mal die 320kg (für die Herstellung), und zwar für ein Produkt, das eine Nutzungsdauer von 10 bis 20 Jahren hat (im besten Fall sogar mehr); Das entspricht …

  • dem 18tel (!!!) einer Flugreise (Hin- und Rückflug) von Frankfurt nach Thailand
  • der Hälfte (!!!) einer Flugreise (Hin- und Rückflug) von Frankfurt nach Mallorca
  • einer Flugreise (einfach: nur Hinflug) von Frankfurt nach Rom (Quelle: atmosfair)
  • 1.280 Kilometern mit einem PKW (Verbrenner)
  • dem Zweifachen der jährlichen Nutzungskosten pro Kopf pro Jahr für den Fernseher
  • Zum Weiterlesen

    Author

    Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.