“Software is eating the world” – das verkündete vor rund 10 Jahren der Netscape-Erfinder Marc Andreessen, es wurde zum inoffiziellen Motto der Digitalisierung. Vielfach wird bereits verkündet „Software has eaten the world“ … wie auch immer, unstrittig dürfte sein, dass die Softwareindustrie eine Zukunftsindustrie darstellt, als Teil der Digitalen Industrie.

Wie ist es nun um die Softwareindustrie in Deutschland bestellt? – Das schaue ich mir in diesem Blogbeitrag an – aus verschiedenen Perspektiven.

Die Digitalindustrie ist hierbei offenbar der deutlich umfassendere Begriff: Diesem weiteren Begriff sind IT Dienstleister zuzurechnen, Telekomanbieter, IT Beratungshäuser und Ähnliches. Nachfolgend versuche ich, einen Fokus auf die Softwareindustrie zu setzen – auch wenn es hier natürlich unvermeidlich Abgrenzungsschwierigkeiten gibt. Das ist kaum überraschend. Es gibt zahlreiche Mischkonzerne, die zwar auch Softwareentwicklung machen, aber den überwiegenden Umsatz mit Hardware oder Maschinen erzielen: Siemens zum Beispiel – Ein Technologiekonzern, der sich zunehmend als Digitalunternehmen versteht und positioniert. Ähnliches gilt für Vektor Informatik: Hier wird nicht nur Software entwickelt, sondern auch Hardware. Oder die Koerber-Gruppe, die neben Maschinenbau zunehmend Digitales im Angebot hat. Hieraus ergibt sich zwangsläufig eine gewisse Unschärfe bei der Betrachtung – die nachfolgenden Zahlen geben nichtsdestotrotz ein interessantes Bild.

Ich starte mit einem TOP10 Ranking der umsatzstärksten Softwareunternehmen in Deutschland. Hiernach schaue ich mir die verfügbaren Zahlen zur Softwareindustrie insgesamt an. Aufgrund der oben beschriebenen Abgrenzungsfragen ist es dabei hilfreich, nicht nur die „Softwareunternehmen“ an sich zu betrachten, sondern auch die Anzahl an Softwareentwicklern: Denn natürlich wird auch eine Vielzahl von Softwareentwicklern in Unternehmen beschäftigt, deren Geschäftsmodell nicht primär auf Software ausgerichtet ist; gleichwohl ist Software in der heutigen Produktwelt allenthalben anzutreffen.

Übersicht der TOP 10 Softwareunternehmen in Deutschland

SAP (DAX)

Umsatz: 34,2 Mrd. Euro (2024)
Webseite: www.sap.com

Nach Umsatz ist SAP das größte europäische (und außeramerikanische) sowie das weltweit drittgrößte börsennotierte Softwareunternehmen. Tätigkeitsschwerpunkt ist die Entwicklung von Software zur Abwicklung sämtlicher Geschäftsprozesse eines Unternehmens wie Buchführung, Controlling, Vertrieb, Einkauf, Produktion, Lagerhaltung, Transport und Personalwesen.

DATEV eG (Nürnberg)

Umsatz: 1,439 Milliarden Euro (2023)
Webseite: www.datev.de

Die Datev eG (Eigenschreibweise: DATEV eG) ist ein Softwarehaus und IT-Dienstleister für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, aber auch für deren Mandanten, wie mittelständische Unternehmen, Kommunen, Vereine und Institutionen. Der Schwerpunkt liegt im Steuerberatermarkt.

CompuGroup Medical SE & Co. KGaA (TecDax)

Umsatz: 1,19 Milliarden EUR (2023)
Webseite: www.cgm.com

Die CompuGroup ist ein börsennotiertes Softwareunternehmen entwickelt Software für das Gesundheitswesen: Es produziert Anwendungssoftware zur Unterstützung ärztlicher und organisatorischer Tätigkeiten in Arztpraxen, Apotheken, medizinischen Laboratorien und Krankenhäusern.

Nemetschek Group (MDax)

Umsatz: 851,6 Millionen EURO (2023)
Webseite: www.nemetschek.com

Die Nemetschek SE ist ein von dem Bauingenieur Georg Nemetschek gegründeter deutscher Bausoftware-Konzern.

Celonis SE

Umsatz : 770 Millionen Dollar (2023)
Webseite: www.celonis.com

Celonis ist Weltmarktführer im Bereich Execution Management. Das Celonis Execution Management System ermöglicht Unternehmen, ihre gesamten Geschäftsprozesse datenbasiert und intelligent zu steuern.

TeamViewer AG (TecDax)

Umsatz: 626,7 Millionen EUR (2023)
Webseite: www.teamviewer.com

Ein weltweit führender Anbieter von innovativen Lösungen für Remote-Konnektivität und Support

Haufe Group SE

Umsatz: 537 Millionen EUR (2024)
Webseite: www.haufegroup.com

Die Haufe Group, ein Familienunternehmen, ist ein führender B2B-Anbieter für integrierte Unternehmens- und Arbeitsplatzlösungen. Die drei bekanntesten Marken sind Haufe, Haufe Akademie und Lexware. Lexware ist ein deutscher Anbieter von kaufmännischen Softwarelösungen für Selbständige, Freiberufler sowie kleine und mittelständische Unternehmen.

secunet Security Networks AG

Umsatz: 393 Millionen EUR (2023)
Webseite: www.secunet.com

Deutschlands führendes Cybersecurity-Unternehmen für höchste Sicherheitsstandards in Digitalisierungsprojekten.

RIB Software GmbH

Umsatz: 0,3 Milliarden Euro (2021)
Webseite: www.rib-software.com

Die RIB Software GmbH mit Sitz in Stuttgart ist seit ihrer Gründung im Jahr 1961 Softwareanbieter im Bereich der Enterprise-Resource-Planning für das Bauwesen. Das Unternehmen ist eine 100-prozentige Tochter von Schneider Electric.

PSI Software AG (Berlin)

Umsatz: 269,9 Millionen Euro (2023)
Webseite: www.psi.de

Die PSI Software AG entwickelt Prozesssteuerungs- und Informationssysteme für die Optimierung des Energie- und Materialflusses bei Energienetzbetreibern, in der Industrie und Logistik sowie bei Betreibern von Verkehrsinfrastrukturen.

Der Vollständigkeit halber erwähne ich noch die Software GmbH (ehemals: Software AG), die noch vor zwei Jahren unstrittig in der TOP10 der Softwareindustrie aufgeführt gewesen wäre. Tatsächlich wurde das Unternehmen in den vergangenen 2 Jahren weitgehend zerschlagen: Das Geschäft für Systemintegration (Webmethods und Streamsets) verkaufte die Software AG Ende 2023 für 2,13 Milliarden Euro an IBM; einige Monate später die Analyseplattform Trendminer. Ebenfalls verkauft wurden die Tochterfirma Cumulocity (Plattform für die Vernetzung von Maschinen, Fahrzeugen und Objekten – IoT, Umsatz rund 30 Millionen Euro), sowie die Plattform Alfabet. In Konzernkreisen geht man davon aus, dass die Software AG in absehbarer Zeit auch die Sparte Aris (Software fürs Management von Geschäftsprozessen) zum Verkauf anbieten wird (Umsatz: rund 100 Millionen Euro).

Die (neben anderen kleineren Geschäftsbereichen) verbliebene hochprofitable Kernsparte Adabas+Natural entwickelt Datenbanksysteme für Großrechner. Der Umsatz lag in 2023 bei rund 247 Millionen EUR. Quelle: Handelsblatt

Der Softwaresektor in Deutschland

Aktuelle Zahlen zum Softwaresektor sind schwer zu beschaffen – und das hängt maßgeblich mit der o.g. Abgrenzungsthematik zusammen. Die meines Erachtens besten Daten entstammen der Fraunhofer-Studie „Wertschöpfung durch Software in Deutschland“. Die Studie stammt aus dem Jahr 2021 und liefert damit noch hinreichend belastbare Zahlen für eine (grobe) Orientierung: DOWNLOAD hier

Nach dieser Studie gibt es in der Softwareindustrie rund 645.000 direkte Jobs (1,5 Prozent aller Stellen in Deutschland) und 1,9 Millionen indirekte Jobs (4,5 Prozent aller Stellen in Deutschland). Der direkte Jobanteil liege damit prozentual leicht über dem europäischen Durchschnitt.

Es gibt nun verschiedene Umsatzzahlen zur Softwareindustrie in Deutschland, die eine Bedeutung dieser Branche quantifizieren. Umsätze werden häufig für die gesamte ITK-Branche ausgegeben, eine weitere Differenzierung nach IT-Services, Software, Beratung und Ähnlichem gibt es in der Regel nicht – vergleiche o.g. Abgrenzungsschwierigkeiten.

Summiert man etwa die Umsätze der TOP10 Player auf (vgl. oben), ergibt sich ein Volumen von 40,6 Milliarden EURO.

Die im Ausland erzielten Umsätze der deutschen Softwareindustrie beziffert die Fraunhofer-Studie. Die Autoren merken an: “Deutschland hat im Bereich Software heute nicht gerade den Status eines ‚Exportweltmeisters‘: Die globalen ICT-Exportzahlen, worunter neben IT-Services auch noch Software und IT-Hardware fallen [Anm. Red.: auch hier ergeben sich Abgrenzungsthemen], lagen im Jahr 2017 weltweit bei 536 Milliarden Dollar (…), in den USA bei 42,2 Milliarden Dollar, in Deutschland bei 37,4 Milliarden (…).“

Betrachtet man den Softwaremarkt in Deutschland (wo natürlich auch Umsätze von Softwareunternehmen mit Sitz / Hauptsitz außerhalb Deutschlands erzielt werden), gibt Statista an: 46,5 Milliarden EURO: Darin etwa enthalten: ca. 3 Mrd. EURO Umsatz durch Microsoft Deutschland, knapp 1 Mrd. EURO durch Oracle Deutschland; SAP macht etwas über 2 Mrd. EURO Umsatz alleine in Deutschland.

Anzahl Softwareentwickler in Deutschland

Auch bei der Bestimmung der Anzahl an Softwareentwicklern in Deutschland ist Vorsicht geboten, es ist zunächst zu differenzieren zwischen Softwareentwicklern, IT-Beratern, IT-Systemanalysten, etc. Auf Basis von Zahlen von der Bundesagentur für Arbeit sowie des Bitkom-Verbands ergibt sich folgendes Gesamtbild:

Die Bundesagentur für Arbeit gliedert IT-Fachkräfte (insgesamt: 1.077.300 Beschäftigte, beschäftigt in insgesamt ca. 90.000 Unternehmen) in vier Hauptkategorien innerhalb der übergeordneten Gruppe „Informatik und andere IKT-Berufe“ ein:

  • „Softwareentwicklung und Programmierung“: 326.150 Beschäftigte
  • Allgemeine Kategorie „Informatik“: 301.350 Beschäftigte
  • „IT-Systemanalyse, Anwenderberatung, IT-Vertrieb“: 234.060 Beschäftigte
  • “IT-Netzwerktechnik, -koordination, -administration, -organisation“: 215.740 Beschäftigte
  • Die geographische Verteilung der Softwareentwickler ist ebenfalls interessant:

  • Großraum München: 36.420 Entwickler
  • Berlin, Potsdam: 32.080
  • Stuttgart: 23.010
  • Frankfurt: 19.390
  • Hamburg: 16.660
  • Von diesen rund 326.000 Beschäftigten sind deutschlandweit 14 Prozent weiblich (ca. 46.000). Der Anteil von Fachkräften ohne deutsche Staatsbürgerschaft steigt kontinuierlich, liegt bei rund 66.000. Der Anteil von Fachkräften ohne deutsche Staatsbürgerschaft ist unter den Entwicklern im Raum Berlin im Übrigen am höchsten: 44 Prozent.

    Zum Weiterlesen

  • Digitalindustrie Deutschland: TOP60 bei Software und Digitale Dienste
  • Indische IT Wirtschaft: Zum Stand der Dinge
  • Author

    Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.