Agilität. Kommunikationsfähigkeit. Kreativität. Unternehmergeist. Digitalkompetenz. – Die Erwartungen an Arbeitsnehmende im Zeitalter von New Work wächst, und der demographische Wandel kommt hinzu. Mitarbeitende wollen Purpose (zu Deutsch: echte sinnstiftende Arbeit) und wechseln schnell das Unternehmen, wenn es ihnen nicht mehr gefällt oder woanders bessere Karrierechancen winken.
Die Personalarbeit ist zweifelsohne anspruchsvoller geworden. Und möglicherweise wichtiger in einer Zeit, in der sich ganze Branchen inmitten der Digitalen Transformationen neu ausrichten (müssen).
Dazu spreche ich mit Johannes Ehrhardt, dem Co-Gründer des international tätigen Start-Ups BLUQUIST (bluquist.com, Gründung: 2018). BLUQUIST unterstützt Unternehmen dabei, Stellen und Führungspositionen optimal zu besetzen, organisationales Wohlbefinden zu messen und die Weiterentwicklung der Belegschaft optimal auszurichten. Dazu werden entscheidungsrelevante Daten systematisch erhoben, zusammengeführt und entscheidungsgerecht und empfehlungsbasiert aufbereitet.
Sebastian: Lieber Johannes, fangen wir doch mit einem Klassiker an: Dem Elevator Pitch für BLUQUIST. Und das mit einem Twist: Warum sollte jemand ausgerechnet in der Corona-Krise trotz kaufmännischer Vorsicht Geld für eine Zusammenarbeit mit BLUQUIST in die Hand nehmen? Johannes: Danke Sebastian, für diese Interviewmöglichkeit und ich freue mich, dass du diese Frage gleich zu Beginn stellst.
Jede Organisation, die an hohem Wohlbefinden und damit hoher Leistungsfähigkeit Ihrer Mitarbeitenden interessiert ist, profitiert mit BLUQUIST vor allem jetzt, in dieser Zeit.
BLUQUIST schafft mit seinen Funktionen verlässliche Daten zu Wohlbefinden, Persönlichkeit und Kompetenzen. Darüber hinaus geben wir klare Empfehlungen zu individuellen und unternehmensweiten Aktivitäten für die Verbesserung kritischer Fähigkeiten wie beispielsweise Mentaler Fokus oder Achtsamkeit. Das ist vor allem im Home Office ein Kernfaktor für Produktivität.
Sebastian: Es sind ja keine einfachen Zeiten für Start-Ups. Aber ihr adressiert ja ein wichtiges Thema: das Erkennen und Nutzen menschlichen Potenzials. Wie ist Deine Wahrnehmung – nehmen Unternehmen auch in der Krisenzeit Geld in die Hand, um sich personell weiterzuentwickeln? Wie hat sich grundsätzlich die Bereitschaft von Unternehmen entwickelt, in Personalentwicklung systematisch zu investieren? Johannes: Das kommt immer ganz auf die Kultur und Strategie der Organisationen in Hinsicht auf Mitarbeiterförderung an. Mitarbeiter*innen sind das höchste Gut, das Unternehmen haben, um nachhaltig wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Unternehmen, die das auch tatsächlich verstanden haben, nehmen gerade jetzt in der Krisenzeit Geld in die Hand, denn die Gefahr ist aktuell groß, Menschen zu verlieren, zu vergessen, nicht zu fördern.
Jede Krise verstärkt nur Probleme, die bereits vorher bestanden haben. Proaktivität im Bereich nachhaltiges Personalmanagement zahlt sich immer aus, denn in der Krise tauchen bei stabilen Belegschaften deutlich weniger Probleme auf als bei vorbelasteten.
Lass mich ein Beispiel machen. Und zwar für das Thema Präsenz und Bewusstsein, das für Produktivität essentiell ist. Dabei geht es um die Fähigkeit, im „jetzt“ gut mit dem eigenen Körper und den eigenen geistigen Empfindungen verbunden zu sein. Gerade hier sehen wir, dass viele Mitarbeiter natürlicherweise Probleme haben. Das rührt zum Beispiel aus einer hohen Komplexität in der Arbeitswelt, hohem Stress, Unklarheiten und Ängsten sowie aus Ablenkung durch Social Media und damit auftretendes „Sich-gehen-lassen“. Unternehmen, die Ihre Mitarbeitenden bei diesen Herausforderungen mit zielgerichteten Maßnahmen unterstützen, werden nachhaltige Verbesserungen im Wohlbefinden und in der Leistungsfähigkeit messen können.
Sebastian: Wo siehst Du denn jetzt in der Zeit von Corona besonderen Handlungsbedarf in der Personalarbeit? Johannes: Ein Schlüssel ist eine grundlegende Transparenz und zielgerichtete Unterstützung individueller Bedürfnisse der Teams. Was aktuell passiert, ist eine unverhoffte und massive Änderung in der Art, wie Mitarbeitende ihre Arbeit erbringen und Führungskräfte ihre Teams und Organisationen leiten müssen.
Im Office haben sich viele Themen zwischen Tür und Angel in Gesprächen behandeln lassen, das klappt aktuell nicht. Es fehlt auch an menschlicher Nähe.
Abgeschiedenheit im Home-Office hat auf jeden Menschen andere Auswirkungen. Manche blühen auf, manche kündigen innerlich, manche sind überfordert, manche sind gelangweilt und beschäftigen sich mit anderen Dingen. Wer versteht, welche persönlichen Bedürfnisse und Wünsche jeder einzelne Mensch und die gesamte Belegschaft hat, wird die richtigen Entscheidungen treffen können.
Aktuell geht es darum das Wohlbefinden, das Vertrauen und die Zuversicht bei den Mitarbeitenden zu unterstützen. Hohes Wohlbefinden ist die Basis für eine Entwicklung in neue Rollen, Teams und für eine hohe Performance.
Sebastian: Wo siehst Du den größten Bedarf für eine Weiterentwicklung der Personalarbeit bei deutschen Mittelständlern? Gibt es Bereiche oder Methoden, wo Du dringenden Handlungsbedarf siehst? Oder umgekehrt: Bereiche, wo neue Methoden der Personalarbeit schnelle Ergebnisse liefern könnten? Johannes: Meine klassische Antwort ist: Digitalisierung wirklich ernst nehmen. Aber wer will das heute noch hören?
Wir sollten daher ins Detail gehen: Wir glauben an die Schaffung von wirklich individualisierter Mitarbeiterförderung und Entwicklungschancen. Das geht nur, wenn ich die Menschen sehr gut kenne. Erst dann kann ich skalierend passgenaue Aktivitäten wie Trainings, Coachings, Neubesetzungen, Rollendefinitionen, Entwicklungspfade und mehr vorschlagen. Digitale Modelle und selbstlernende Systeme können hier eine hohe Hilfestellung geben, da sie Daten gesamtheitlich auswerten und gut verständlich bereitstellen können. Sie sollten allerdings immer durch den Menschen verstanden und positiv genutzt werden – der Mensch steht im Mittelpunkt.
Mobilität ist hier das Stichwort. Viele Digital Native sind heute ständig in Bewegung. Sie wollen nicht zu lange auf einem Platz verweilen. Das hat Vor- und Nachteile. Ich kenne es von mir selbst. Mein längster individueller Job war bisher 3 Jahre und das ist schon lang, verglichen mit einigen meiner Freunde. Davon kann man begeistert sein oder es ablehnen. Die Schaffung von career mobility is aber inzwischen Kernbestandteil von Arbeitgeber-Attraktivität.
Das bedeutet: Konkret aufzeigen können, für was das Unternehmen steht und welche Möglichkeiten es bietet. Sowohl in der Phase des Recruitings, als auch nachgelagert über die gesamte Zeit des Mitarbeitenden im Unternehmen. Hier können neue Methoden auch schnelle Ergebnisse liefern.
Sebastian: Gibt es eine Erfolgsstory mit BLUQUIST, die schön illustriert, wie schnell ihr Ergebnisse liefert und dass das funktioniert? Johannes: Klar, wir haben es seit 2019 geschafft, einige der bekanntesten Modellanbieter, darunter Reiss Motivation Profile (über 80.000 Erhebungen weltweit), 9 Levels (über 10.000 Erhebungen weltweit) und YourPrevention (über 5000 Erhebungen weltweit) in unser Ökosystem zu integrieren, um gemeinsam positiven Wandel zu begleiten. Das bedeutet für unsere Kunden: Topmoderne Tools aus einer Hand, mit kombinierten Mehrwerten.
Das hat uns dazu in die Lage versetzt gerade jetzt in Corona Zeiten für einige Großfirmen eine Wellbeing-Platform Version von BLUQUIST bereit zu stellen, die gerade an den Start gegangen ist und Menschen und Organisationen dabei unterstützt, an Balance und Wohlbefinden zu gewinnen.
Sebastian: Noch ein Insidertipp von Dir. Wie können Unternehmen ihr interne Agilität optimieren? Johannes: Zuhören, verstehen und dann agieren, anstatt nur zu agieren. Wenn ein Mensch sich verstanden und berücksichtigt fühlt, geht er auch Änderungen gerne mit. Das geht uns allen so, sei es im privaten oder im Business.
Wir übersetzen das in unserem Leitsatz Measure. Match. Grow – Messe was wichtig ist, verstehe was getan werden muss, fördere zielgerichtetes Wachstum. Wer diese Routine in alle Initiativen und Plänen einbaut, wird mehr Erfolg haben.
Sebastian: Gibt es ein Buch oder ein BLOG, den Du empfehlen würdest für diejenigen, die Dein Thema vertiefen möchten? Johannes: Wenn es ein Buch sein darf, dann auf jeden Fall The Culture Code und The Talent Code von Dany Coyle. Ich habe davon leider keine guten deutschen Übersetzungen gefunden, aber der Inhalt ist top. Er geht vor allem darauf ein, wie man in seinem Umfeld individuell die Voraussetzungen schafft, bei Menschen die Talente optimal zu entfalten.
Hier in diesem YouTube-Video gibt es eine gute Erklärung von Talent Code in Deutsch. Dies ist zwar auf den Musikbereich bezogen, aber die Prinzipen gelten auch für Organisationen und sind schön veranschaulicht: Daniel Coyle: „The Talent Code“ Buchzusammenfassung für Musiklehrer von Andi Rohde
Sebastian: Lieber Johannes, vielen Dank für Deine Zeit und dieses Gespräch.
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