Bereits heute ist Deutschland einer der wichtigsten Standorte für Rechenzentren in Europa. Frankfurt ist – nach London – der zweitwichtigste Standort für Rechenzentren in Europa, und bekannt für seine strategische Lage und hervorragende Konnektivität. Die Stadt beherbergt DE-CIX, einen der größten Internetknotenpunkte der Welt, was ihre Attraktivität für Rechenzentrumsbetriebe zusätzlich steigert.
Der RZ-Standort Berlin verzeichnet ein rapides Wachstum. München und Hamburg nehmen zwar noch keine führenden Rollen ein, tragen jedoch zur Bedeutung Deutschlands als wichtiger Standort für Rechenzentren bei.
Der Branchen-Verband German Datacenter Association hat jüngst einen Bericht herausgegeben (German Datacenter Outlook 2024/25), der einen guten Überblick über den Status Quo schafft, ebenso über die neue Wachstumsdynamik.
Stand heute beschäftigt die RZ-Branche rund 65.000 Personen – einschließlich direkter, indirekter und induzierter Arbeitsplätze. Trend: steigend, denn die RZ-Branche befindet sich am Beginn einer dynamischen Wachstumsphase, nicht zuletzt aufgrund technologischer Innovationen, neuen regulatorischen Vorgaben und einer wachsenden Nachfrage nach KI- und Cloud-Lösungen.
Die aktuelle Entwicklung der Rechenzentrumskapazitäten in Deutschland zeigt eine deutliche Dynamik an den beiden führenden Standorten Frankfurt am Main und Berlin. Frankfurt bleibt mit einer bestehenden IT-Leistung von 745 MW unangefochtener Spitzenreiter, was seine Rolle als wichtigstes Rechenzentrumshub Europas untermauert. Doch Berlin verzeichnet mit einer bestehenden Kapazität von 92 MW und ambitionierten Ausbauplänen ein bemerkenswertes Wachstum.
Während Frankfurt mit 542 MW im Bau und 383 MW in der Planung auf eine potenzielle Erweiterung um rund 124 % im Vergleich zur bestehenden Leistung zusteuert, ergibt sich für Berlin ein besonders dynamisches Bild: Mit 76 MW im Bau und 219 MW in Planung strebt die Hauptstadt ein Wachstum von insgesamt 321 % an – mehr als das Dreifache ihrer heutigen Kapazität. Diese Zahlen aus dem German Datacenter Outlook 2024/25 verdeutlichen, dass sich Berlin als aufstrebender Wachstumsstandort mit enormem Entwicklungspotenzial positioniert, während Frankfurt seine Rolle als zentraler Knotenpunkt weiter festigt. Beide Städte prägen damit entscheidend die strategische Zukunft des deutschen Rechenzentrumsmarktes.
Neue Player beim RZ-Angebot in Deutschland
SAP und Arvato Systems haben sich bereits 2022 darauf verständigt, in einem Konsortium eine Cloud-Plattform für Ministerien und Behörden aufzubauen. Kernthemen: Datenschutz, Abwicklung aller Prozesse in Deutschland. Arvato Systems wurde etwa aufgrund seiner Erfahrung in der Verwaltung großer Infrastrukturen ausgewählt. Der Name der neuen Einheit: Delos Cloud. Hierbei wurde von Anfang an eine Partnerschaft mit Microsoft mitgedacht.
Die Versprechen von Delos Cloud umfassen unter Anderem:
Und zum Timing erklärt Delos Cloud auf seiner Webseite: “Bereits in 2025 werden erste Dienste, inklusive Microsoft Office 365, durch Delos Cloud für Evaluationen zur Verfügung stehen.“
Der Weg zur digitalen Souveränität ist komplex und keineswegs kurzfristig realisierbar. Die Delos Cloud stellt dabei eher einen pragmatischen Zwischenschritt dar als eine echte Lösung im Sinne eines souveränen Zielzustands. Denn wesentliche Anforderungen bleiben unerfüllt: Keines der beteiligten Unternehmen verfügt über eine eigene Cloud-Infrastruktur. Zudem steht der Technologiepartner Microsoft bereits seit Monaten wegen gravierender Sicherheitsvorfälle im Fokus der Kritik. Auch von datenschutzrechtlicher Seite gibt es erhebliche Bedenken – so zweifelt die Datenschutzkonferenz der Länder (DSK) an der grundsätzlichen Datenschutzkonformität von Microsoft 365. (Eine kritische Einschätzung findet sich bei www.netzpolitik.org). Im Übrigen werden die angebotenen Dienste der Delos Cloud rund 15 Prozent teurer sein als Angebote der Public Cloud von Microsoft; es wäre allerdings naiv anzunehmen, dass Digitale Souveränität zum Nulltarif zu haben wäre.
Die Schwarz-Gruppe vermarktet ihre Cloud-Plattform, die zunächst für interne Zwecke aufgebaut wurde, seit 2022 auch an externe Kunden. Mit dem Versprechen von Datenschutz und digitaler Souveränität zielt die Schwarz-Gruppe dabei auf einen Nischenmarkt, auf den öffentlichen Dienst, auf stark regulierte Branchen (z.B. Bankenwesen). Ähnlich ist übrigens auch der etablierte Anbieter IONOS positioniert. Zu den Kunden von Schwarz Digits zählen etwa Siemens, Zeiss oder die staatliche L-Bank.
Über die Cloud-Dienste bietet Schwarz Digits etwa ein umfangreiches Programmpaket von SAP an, dazu die KI des Heidelberger KI-StartUps Aleph Alpha, die Behördensoftware Opendesk. Jüngst hat die Schwarz-Gruppe eine Partnerschaft mit Google aufgesetzt. Die Tochterfirma Schwarz Digits vermarktet inzwischen das Programmpaket Workspace für den digitalen Arbeitsplatz künftig aus der eigenen Cloud-Infrastruktur; damit versucht Schwarz Digits auch, das Quasi-Monopol von Microsoft bei Arbeitsplatzanwendungen aufzubrechen.