Ganz gleich, ob Sie für Ihr Unternehmen ein Digitales Geschäftsmodell selbst entwickeln oder sich mithilfe Transformative M&A für die Digitale Ökonomie rüsten: Der Blick auf die Profitabilität Digitaler Geschäftsmodelle dient als hilfreiche Orientierung – und kann bisweilen hochmotivierend oder auch ernüchternd sein. Auch die Frage der Unternehmensbewertung ist grundsätzlich spannend, soll aber in diesem Blogpost nicht betrachtet werden.

Zu verschiedene Typen von Digitalen Geschäftsmodellen vergleiche den Blogbeitrag Eine Typologie von Geschäftsmodellen in der Digitalen Ökonomie. Hier werden vier (4) Kategorien von Digitalen Unternehmen eingeführt, die je eigene Charakteristiken hinsichtlich Skalierbarkeit, Kapitalbedarf haben und je unterschiedliche Risikoprofile aufweisen.

Wir betrachten nachfolgend einige ausgewählte Unternehmen, um ein „Gefühl“ für die Profitabilität und Robustheit von Geschäftsmodellen in der Digitalen Ökonomie zu bekommen. Wir starten mit Unternehmen, deren Geschäftsmodell „klassisch“ ausgerichtet ist: Auf die Bereitstellung von Software – on premise oder auch in der Cloud (als SaaS-Geschäftsmodell).

So profitabel sind digitale Geschäftsmodelle: Anbieter von Software

Der Konzern Microsoft, der 2018 sein 40-jähriges Jubiläum feierte und damit zur „Old Economy der Digitalisierungsbranche“ zählt, erzielte im Finanzgeschäftsjahr 2019 einen Umsatz 125 Mrd. US-Dollar. Zu Beginn des 5-Jahreszeitraums 2014-2019 übernimmt Satya Nadella das Ruder und richtet Microsoft konsequent auf das Cloud-Geschäfts aus. Mit Erfolg: Der Konzernumsatz wuchs seit Antritt von Nadella um 45%, die operative Profitabilität lag im Schnitt über den 5-Jahreszeitraum bei knapp 30%, im Geschäftsjahr 2019 bei 34 Prozent. (Hinweis: Die Quelle für Finanzkennzahlen ist in diesem Blogartikel – falls nicht anders angegeben: finanzen.net) Es sei im Sinne einer differenzierten Bewertung der Zahlen darauf hingewiesen, dass Microsoft kein „reiner“ Anbieter von Software mehr ist (Betriebssysteme, Office-Software, Datenbanken): Das Ergebnis umfasst auch Geschäftsfelder wie Bing, X-Box, die Public Cloud Azure.

Oracle, ebenfalls Teil der „Old Economy in der Digitalindustrie“ (Gründungsjahr 1977), stagniert bei der Umsatzentwicklung im gleichen 5-Jahreszeitraum (ca. 40 Mrd. US-Dollar Umsatz in 2019), glänzt aber mit einer Profitabilität von 36 Prozent im Schnitt. Werfen wir einen Blick nach Deutschland. SAP, Gründungsjahr 1972; das Wachstums im 5-Jahreszeitraum mit 57% durchaus sehenswert (ca. 28 Mio. EURO Umsatz in 2019), jedoch bei bröckelnder Profitabilität, die 2019 noch bei 20 Prozent lag (5-Jahresschnitt: 23%).

Unternehmen neueren Gründungsdatums dieser Kategorie von „Softwareherstellern“: SalesForce (Gründung: 1999) wiederum zeigt ein dynamisches Umsatzwachstum über 5 Jahre von 220% Prozent, liegt im Finanzgeschäftsjahr 2019/20 bei 17 Mrd. US-Dollar. Das EBIT weist 2016 erstmals schwarze Zahlen aus (17 Jahre nach Gründung!), im letzten Finanzgeschäftsjahr 2019/20 liegt die operative Profitabilität bei 3 Prozent.

SalesForce ist ein gutes Beispiel dafür, dass Investoren durchaus längeren Atem brauchen bis zum Break-Even. Ein anderes Beispiel ist das Unternehmen Splunk (gegründet 2003), am einfachsten zu beschreiben als „Google für Big Data“. Die Software erfreut sich eines Beliebtheitsbooms, der Umsatz wuchs zwischen 2014 und 2019 um 425%. Von schwarzen Zahlen ist das Unternehmen allerdings noch entfernt, im 5-Jahresschnitt lag der operative Verlust bei ca. 30 Prozent, im letzten verfügbaren Finanzgeschäftsjahr bei minus 11 Prozent.

Ähnliches Muster bei ServiceNow (Gründungsjahr: 2004). Umsatzwachstum von 410% zwischen 2014 und 2019, auf zuletzt 3,5 Mrd. US-Dollar. 2019 war das erste Jahr mit einer operativen Profitabilität in den schwarzen Zahlen (15 Jahre nach Gründung!), etwas mehr als eine schwarze Null (ca. 1 Prozent).

Ein Hinweis ist an dieser Stelle erforderlich: Das späte Erreichen des Break-Even-Points bei vielen Silicon-Valley-StartUps hängt natürlich auch mit der Strategie des „Blitz-Scaling“ zusammen. Das heißt, diese Tech Unternehmen investieren massiv in Marketing und den Aufbau einer globalen Sales-Organisation. Es geht darum, in einer „The-winner-takes-it-all“ Logik Märkte global zu besetzen. Profitabilität war strategisch nachrangig. Hier lässt sich aber beobachten, dass ein Shift im Mindset stattfindet, und zwar seit 2019. Investoren haben einen „Entwicklungspfad zu Profitabilität“ auf der Agenda der Tech Unternehmen klar nach oben gesetzt, die Coronakrise hat diesen Prozess nochmals beschleunigt.

So profitabel sind digitale Geschäftsmodelle: Plattformökonomie

Betrachten wir einmal Geschäftsmodelle, die sich eindeutig der „Plattformökonomie“ zurechnen lassen, und zwar zunächst Facebook (gegründet 2004). Es ist ein Unternehmen, bei dem man beim Blick auf die Kennzahlen verwundert die Augen reibt: Im 5-Jahreszeitraum 2014-2019 explodiert der Umsatz von 12,5 Mrd. US-Dollar auf 71 Mrd. US-Dollar (+470%), die operative Profitabilität lag im gleichen Zeitraum im Schnitt bei knapp 43 Prozent. Wachstumsdelle wegen Cambridge Analytica? – Fehlanzeige.

Ebenfalls ein klassisches Beispiel für Plattform-basierte Geschäftsmodelle: AirBnB. Das Unternehmen wurde 2008 gegründet, erreicht nach eigenen Angaben seit dem zweiten Halbjahr 2016 erstmals schwarze Zahlen (8 Jahre nach Gründung). Das Umsatzwachstum im 5-Jahreszeitraum 2013 bis 2018 ist enorm, der Umsatz explodiert von 250 Mio. US-Dollar auf 3,6 Mrd. US-Dollar, was einem Wachstum von 1.340% entspricht (Datenquelle: craft.co). Der Umsatz in 2019 dürfte in der Größenordnung größer 4 Mrd. US-Dollar liegen. Die EBIT-Marge liegt im unteren einstelligen Bereich, für 2017 wird sie mit 4 Prozent angegeben, für 2018 mit 1 Prozent.

Betrachten wir noch einen weiteren Player der Kategorie „Plattformökonomie“: Die Ride-Hailing-Company UBER, gegründet im Jahr 2009. Das Unternehmen weist zwar noch immer hohe Wachstumsraten aus: Im Zeitraum 2016 bis 2019 geht der Umsatz von 3,8 Mrd. US-Dollar auf 14,1 Mrd. US-Dollar. Die Firma (ebenso wie Konkurrent LYFT) hat allerdings bekanntermaßen eine sehr hohe Cash-Burn Rate, die operative Verlustmarge lag im 4-Jahreszeitraum 2016 bis 2019 im Schnitt bei 54 Prozent, im Jahr 2019 sogar noch bei minus 60 Prozent.

So profitabel sind digitale Geschäftsmodelle: Google, Amazon, Apple

Die Google Suchmaschine gibt es seit 1997, im Jahr 2000 wurden die Google Ads gestartet: Im darauffolgenden Jahr (in 2001) erreichte das Unternehmen erstmals schwarze Zahlen. Der Umsatz lag im Finanzgeschäftsjahr 2019 bei ca. 160 Mrd. US-Dollar, im 5-Jahreszeitraum 2014-2919 erzielte der Konzern damit eine Umsatzsteigerung von 145%. Der operative Gewinn (EBIT) pendelt in diesem Zeitraum um die 25 Prozent – für den gesamten Konzern (Alphabet), wohlgemerkt! Das Kerngeschäft (Suchmaschine) ist nochmals deutlich profitabler, im Konzernergebnis stecken ebenfalls die Geschäftsfelder Pixel-Smartphones, vernetzte Lautsprecher, Roboterwagen oder Lieferdrohnen. Einige Geschäftsfelder verzeichnen dabei noch operative Verluste.

Der Kultkonzern Apple erreicht im Vergleich zu Google höhere Umsätze, nämlich 260 Mrd. US-Dollar im Finanzgeschäftsjahr 2019 – das Umsatzwachstum im 5-Jahreszeitraum 2014-2019 liegt bei ca. 40 Prozent (also: niedriger als bei Google). Die Profitabilität (EBIT-Marge) im betrachteten Zeitraum liegt bei 27 Prozent. Das iPhone ist (trotz fallender Erlöse) noch immer das wichtigste Produkt im Apple-Konzern, und macht noch etwa 50% der Umsatzerlöse aus.

Amazon (Das Unternehmen des reichsten Mannes der Welt): Im 5-Jahreszeitraum 2014-2019 wuchsen die Umsätzerlöse um 215 Prozent auf 280 Mrd. US-Dollar an – allerdings bei deutlich geringerer Profitabilität im Vergleich zu den anderen Big Playern der GAFA: Im Finanzgeschäftsjahr 2019 lag die EBIT-Marge bei 5 Prozent – im Schnitt über den betrachteten 5-Jahreszeitraum bei 3 Prozent. Kaum verwunderlich, denn Amazon ist mit seinem Kerngeschäft ein Retail-Unternehmen, es liegt ein Vergleich mit einem Player wie WalMart nahe: Letzter hat einen Jahresumsatz von ca. 515 Mrd. US-Dollar, bei einer Profitabilität von knapp 5 Prozent (im Zeitraum 2014 bis 2019). Abschließend der Hinweis: Das (boomende Geschäft) mit dem Public Cloud Provider AWS (Amazon Web Services) ist im Konzern wiederum eine echte Ertragsperle: Der Umsatz lag in Q4/2019 bei ca. 10 Mrd. US-Dollar, die operative Gewinnmarge bei 26 Prozent (!).

„Was bedeutet schon Geld? Ein Mensch ist erfolgreich, wenn er zwischen Aufstehen und Schlafengehen das tut, was ihm gefällt.“ – Bob Dylan

Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.