Sie haben bestimmt schon mal gehört von Prof. David Cope, Professor emeritus an der University of California at Santa Cruz; er ist Musiker und Komponist und hat vor allem die Electronic Music Intelligence (EMI) entwickelt (seit 1984): Es handelt sich dabei um eine Künstliche Intelligenz, die selbst Musik komponiert. Hierzu wird EMI mit Hörbeispielen von Musikern wie Johann Sebastian Bach, Erik Satie, Beethoven, Chopin, Rachmaninov oder Stravinsky trainiert – dann generiert EMI Musikstücke im Stile eben dieser Musiker.
Hier ein Choral im Stile von Bach, das von EMI komponiert wurde:
Die Erfolge von David Cope bei der Kreation einer künstlichen musikalischen Intelligenz liegt (gemessen an der Geschichte der künstlichen Intelligenz) schon ewig zurück. Und die Reise geht weiter, inzwischen sind einige Angebote und Tools auf dem Markt, mit denen jeder einmal herumspielen kann. Hier stelle ich einige solcher Generative AI-Tools für Musik vor. Have fun!
Soundraw
URL: www.soundraw.io
Mit diesem Tool können Nutzer mit wenigen Klicks Songs generieren, und das sogar ohne ein zahlungspflichtiges Account … Die Nutzer wählen Genre, Tempo, Dauer des Songs und ähnliche Parameter. Und das Wichtigste: Eben diese Songs können die Nutzer anschließend einfach in der Länge variieren, man kann in dem Song sehr einfach bestimmte Passagen etwas ruhiger gestalten, andere wiederum energetischer.
Es gibt einen handfesten Business Case für dieses Angebot: Nämlich Royalty-Free-Music für Werbevideos, Produktvideos und Ähnliches. All diese Videos haben typischerweise eine gewisse „Dramaturgie“, die erfordert eine bestimmte Länge des Songs und eine feine Abstimmung von ruhigen oder eben energievollen Passagen auf den Videoinhalt. Das geht mit diesem Tool hervorragend. Der Slogan von „Soundraw“: ”Customize the songs: Make an intro shorter or change the position of the chorus. Match the song to your video, not the other way around.”
Meine Empfehlung: Unbedingt ausprobieren. Zu jedem Song gibt’s auch einen Link, den man dann einfach teilen kann.
AIVA
URL: www.aiva.ai
Fangen wir damit an: Klicken Sie mal auf folgenden Link, Sie gelangen zu Open.Spotify, wo Sie Tracks von AIVA finden: AIVA auf Spotify
Hier lassen sich auch mit wenigen Klicks KI-generierte Songs erstellen. Was AIVA dabei auszeichnet: Es gibt einen sehr umfangreichen Editor zur „Nachbearbeitung“, wofür man allerdings eine Desktop-Software installieren muss; denn dieses Editing-Feature ist nicht im Webbrowser verfügbar.
Wer zuhause einen DAW hat, also eine Digital Audio Workstation (wie: Ableton Live, Cubase oder Ähnliches), der kann sich in der Bedienoberfläche dieses Editors sofort orientieren. Im Grunde bietet AIVA eine Light-Version eines DAW, einzelne Instrumentalspuren lassen sich händisch nachbearbeiten, Reverb-/Nachhalleffekte lassen sich feingranular anwenden, etcetera.
Ich frage mich allerdings, welche Zielgruppe damit angesprochen werden soll? Ich selbst habe ein DAW zuhause (Ableton Live11), mit diversen installierten PlugIns zu allen möglichen Soundeffekten, dazu diverse Sounddatenbanken und zwei Synthesizer (Arturia Pigments, Vocaloid, Letzteres ein Voice Synthesizer). Und klar ist, dass all diese PlugIns in mehr oder weniger umfangreichen Maße natürlich auch KI nutzen.
Wenn ich mal von mir ausgehe: Wenn ich Musik machen will, dann nutze ich mein DAW. Wenn ich Musik hören will oder mich bei meiner eigenen Musikproduktion inspirieren lassen will, gehe ich zu Spotify oder beatport. Und wenn ich für ein Video im Geschäftsalltag einen Soundtrack bräuchte, dann wäre Soundraw meine erste Wahl.
Schauen wir mal, ob sich das durchsetzt. Mein Tipp wäre eher: Nein.
Soundful
URL: www.soundful.com
Die Plattform Soundful folgt der gleichen Logik: Auswahl von Genre, Mood, Tempo, Länge des Tracks. Dann gibt’s das Ergebnis:
Was hieran bemerkenswert ist: Man kann die Tonart noch editieren, auch Dur/Moll (natürlich ist die Vielfalt in professionellen Digital Audio Workstations weit größer: Von Kirchentonarten bis Blues, Pentatonik undsoweiter – aber ein guter Anfang!).
Was auch auffällt: Es wird jeweils nur EIN Musiktrack generiert (bei Soundraw oder auch bei beatoven.ai werden mehrere Ergebnisse vorgestellt. Und ein ganz fetter MINUS-Punkt: Man kann die Tracklänge nachträglich nicht mehr adaptieren; und ein Feature (vgl. Soundraw) zum präzisen Timing von „ruhigen“ und „energievollen“ Passagen im Track fehlt völlig.
Sound war gut; hat ich aber nicht umgehauen … aber darum geht’s bei Tracks als Hintergrundmusik zu Videos oder Produktvorstellungen ja auch nicht.
Beatoven.ai
URL: www.beatoven.ai
Bei beatoven.ai gleicher Workflow wie auch bei den anderen Tools: Auswahl von Genre, Mood, Track-Länge, etc.
Dann die Ergebnisseite:
Die Editing-Funktionen beziehen sich auf Lautstärke („Volumen“) und Instrumentalisierung: Letzteres gibt es etwa bei Soundraw oder Soundful nicht; der Nutzer kann etwa Bass, Percussion rausnehmen – ob das wirklich sinnvoll ist, da habe ich meine Zweifel, denn ein EDM-Track ohne Percussion und ohne Bass – naja, für einige Ausnahmefälle mag das sinnvoll sein, aber es ist definitiv kein Must-Have-Feature.
Es fehlt die Möglichkeit, einen Track zu verlängern oder zu kürzen, oder engergievolle vs ruhiger Passagen präzise zu timen (die Regulierung der Lautstärke ersetzt ein solches Feature nicht). Den Sound fand ich so lala …
Riffusion
URL: www.riffusion.com
Diese App ist insofern bemerkenswert, als dies die einzige App ist, wo Nutzer einen Textprompt eingeben können (vgl. Screenshot):
Im Übrigen ist der Reifegrad dieses Tools noch sehr gering. Das Ergebnis reflektiert mal mehr, mal weniger den Textprompt, und die Lieder haben irgendwie keinen Anfang und kein Ende. Ein Business Case ist dieses Tool definitiv nicht, die Musik für eine Produktpräsentation oder Ähnliches lässt sich damit nicht generieren.
Melobytes
URL: www.melobytes.com
Ich habe in den letzten Jahren selten eine so unaufgeräumte Webseite gesehen. Das hat schon fast 1990er Feeling, dazu kommen Werbebanner überall.
Es gibt Dutzende von Optionen, Musik zu generieren. Hier kann man beispielsweise auch Text zu Gesang oder Rap werden lassen, oder Musik zu einem Songtext schreiben lassen. Das sieht erstmal großzügig aus, man kann sich das MIDI kann man downloaden, und es werden auch die Noten (inklusive Liedtext) bereitgestellt. Aber: Die Ergebnisse sind … naja, ich kann mir das für einen feucht-fröhlichen HalliGalli-Abend vorstellen, aber sonst nicht. Meine Geduld war allerdings auch schnell erschöpft, zwei Versuche, das Ergebnis war schauerlich. Aber schaut’s Euch selbst an, vielleicht habt ihr mehr Glück …
Das Teaser Bild habe ich mithilfe von Midjourney.ai erstellt; und zwar mit folgendem Prompt: “ Artwork painting guitars cellos piano picasso gockel franz marc cubist cubism reduction abstract acrylic oil paints canvas bright colors music festival composition intelligent amazing modern smart piano keyboard notes music song –v 5”