„Elon Musk“ von Walter Isaacson, September 2023, 670 Seiten, 25 EUR (Gebundenes Buch, Englische Originalversion)

Ein sehr guter Freund, selbst Unternehmer, hat mir dieses Buch wärmstens empfohlen. Er sei so begeistert gewesen, dass er das über 600-seitige Buch in knapp drei Tagen durchgelesen hätte. Nun, das habe ich nicht geschafft, aber dem positiven Urteil über das Buch kann ich mich nur anschließen: Das Buch des weltweit bekannten Biographen Walter Isaacson (u.a. Biographie zu Steve Jobs) liest sich sehr gut, bisweilen wie ein Krimi, gewürzt mit einer Vielzahl von klug ausgewählten Anekdoten.

Das Bild, das Isaacson von Elon Musk zeichnet, ist keineswegs durchweg schmeichelhaft … einerseits visionäre Originalität als Unternehmer und quasi-genialem Ingenieur, andererseits eine Persönlichkeit, die für sein persönliches Umfeld und auch Mitarbeiter vielfach eine Herausforderung bedeuteten und bedeuten. Isaacson lässt ihn seinen Blick auf Elon Musk eine Vielzahl von Stimmen und Perspektiven einfließen, was eine vieldimensionale Persönlichkeit entstehen lässt: Das reicht vom Vater Errol Musk über Elon‘s erste Frau Justine Wilson bis hin zu Geschäftspartner Peter Thiel und Vielen mehr.

Man muss kein Fan von Elon Musk sein (bin ich nicht), um das Buch wertzuschätzen. Denn das Buch legt auch interessante Mechanismen in der Welt der Tech-Elite und des Silicon Valley offen; zuvorderst aber behandelt das Buch eine prägende Figur unserer Zeit: Mit 27 wurde Musk Multi-Millionär (mit Verkauf seines ersten mitgegründeten Unternehmens „Zip2“), mit 28 war Musk bereits eine Start-Up Berühmtheit, die Zeitschrift Salon adressierte ihn seinerzeit als today’s Silicon Valley It guy. Und mindestens zeitweise war er der reichste Mensch der Welt (im Januar 2024 abgelöst von dem Franzosen Bernard Arnault – aber am Ende sind das Momentaufnahmen).

Nachfolgend einige wenige Auszüge aus dem Buch, die einerseits seine visionäres Unternehmertum herausarbeiten, aber auch seine „anstrengende“ Persönlichkeit.

Elon Musk witzelt selber über sich, er hätte Asperger. Charakteristisch für ihn ist eine geringe (wahrscheinlich eher: fehlende) Ausprägung von empathischer Sensitivität, und damit einhergehend die Fähigkeit, sich mental derart zu fokussieren, dass sämtliche Außenwahrnehmung ausgeblendet wird: “‘Ever since I was a kid, if I start to think about something hard, then all of my sensory systems turn off’, he says. ‘I can’t see or hear or anything. I’m using my brain to compute, not for incoming information.’” (S. 17)

Im Umfang mit Mitarbeitern führte seine fehlende Ausbildung von Empathie immer wieder zu Konflikten: ”With this weak empathy gene, he didn’t realize or care that correcting someone publicly – or, as he put it, ‘fixing their fucking stupid code’ – was not a path to endearment. He had never been a captain of a sports team or the leader of a gang of friends, and he lacked an instinct for camaraderie. Like Steve Jobs, he genuinely did not care if he offended or intimidated the people he worked with, as long as he drove them to accomplish feats they thought were impossible.” (S. 64). Bei seinem ersten Unternehmen, Zip2, kulminierte der Konflikt mit Mitarbeitern auch einmal in der Forderungen nach seinem Rücktritt als CEO (dem er aber nicht nachgegeben hat); in einer Email an seine Mitarbeiter schrieb er damals in nüchterner (und ironisch gewürzter) Selbsterkenntnis: “What matters to me is winning, and not in a small way. God knows why … it’s probably rooted in some very disturbing psychonanalytical black hole or neural short circuit.” (S. 74f) Was zudem das Verhältnis zu seinen Mitarbeitern bestimmt, war ein charakteristischer Management-Stil: ”One of Musk’s management tactics, then as later, was to set an insane deadline and drive colleagues to meet it.” (S. 75)

Sein mentaler Fokus galt bei seinen unternehmerischen Visionen. Seine erste Frau, Justine Wilson, bemerkt dazu Folgendes: ”Unlike other ambitious people, he never talked about making money. He assumed that he would be either wealthy or broke, but nothing in between. What interested him were the problems he wanted to solve.” (S. 69) Man kann an Musk’s unternehmerischer Tätigkeit gut ablesen, wo er (für die Menschheit) den größten Mehrwert sieht; und hierzu hatte sich Musk sehr früh Gedanken gemacht: ”’I thought about the things that will truly affect humanity’, he says. ‘I came up with three: the internet, sustainable energy, and space travel.’” (S. 58)

Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch. Das Buch ist im Übrigen in je sehr kompakte Kapitel gegliedert (je 6 bis 7 Seiten), so dass man diese Biographie auch sehr gut häppchenweise lesen kann. Viel Spaß dabei!

Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.