Was ist das Erfolgsrezept für Innovation in Unternehmen? Braucht man ein oder mehrere Genies dazu? Oder eine Innovationskultur, die das kreative Potential aus Mitarbeitern herauskitzelt? Oder einen Innovationscoach, der vorhandene Ideen über alle Abteilungsgrenzen hinweg systematisch verbessert und zur Marktreife bringt?
Zum Thema Innovation und Digitalisierung spreche ich mit Aleksandar Ivanov (LinkedIn-Profil). Er ist Geschäftsführer von CrowdWorx (www.crowdworx.com): Das Unternehmen stellt Unternehmen eine „Innovation Engine“ bereit, um systematisch innovative Produkte und Services zu entwickeln. Zu den Kunden zählen unter anderem: Volkswagen, MAGNA, Deutsche Bahn, Qualcomm, Deutsche Telekom, Fresenius oder auch DACHSER.
Sebastian Zang: Lieber Herr Ivanov! Es freut mich, dass wir Zeit für einen Austausch zu einem Thema gefunden haben, das auf keinem Wirtschaftskongress und in keiner Unternehmensstrategie fehlen darf. Innovation. Was ist Ihrer Meinung nach das Erfolgsrezept von innovationsstarken Unternehmen wie Apple, Google oder Tesla? Aleksandar Ivanov: Am Anfang jedes erfolgreichen Unternehmens steht immer eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Dazu kommt der nötige Biss, sich am Markt durchzusetzen – denn man ist nie auf Dauer der Einzige mit einer guten Lösung. Das ist bei Google nicht anders als bei Daimler oder BioNTech.
Wenn ein Unternehmen auch nach seiner Initialphase durch Innovation dauerhaft erfolgreich bleiben will, legen die Forschungsergebnisse nahe, dass eine Kombination aus Wollen und Können notwendig ist. Dabei heißt Wollen: Man hat den Mut, Ressourcen in etwas Neues zu investieren. Man hat die Geduld, auch lange Lernzyklen durchzuhalten.
Können heißt: Operativ und personell die richtigen Voraussetzungen schaffen. Im Einzelnen bedeutet das: Effiziente Innovationsprozesse mit eigenen Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten etablieren; innovationsorientierte Entscheidungskriterien entwickeln und einhalten; eine gute Wissensbasis über Markt- und Technologie-Trends aufbauen; und innerhalb der Organisation vorhandenes Wissens vernetzen – sprich: die richtigen Leute mit den richtigen Ideen zusammenbringen.
Diejenigen Unternehmen, die mit Geduld und Ausdauer eine gelebte Innovationskultur etablieren, werden langfristig einen signifikanten „Return on Innovation“ (ROI) einfahren, und sich dauerhaft von Wettbewerbern absetzen. Dazu habe ich ein Schaubild mitgebracht.
Quelle: Bain Global Innovation Assessment Survey, 2013; Innovative Unternehmen = Unternehmen mit einem Innovationsrating in den Top 25%
Sebastian Zang: Könnten Sie die „Innovation Engine“ von CrowdWorx kurz erläutern, damit wir ein gemeinsames Verständnis davon haben? Aleksandar Ivanov: Im Prinzip ist die CrowdWorx Innovation Engine für den Können-Teil einer erfolgreichen Innovationsstrategie zuständig. Es handelt sich um ein agiles Software-Tool, mit dem Mitarbeiter und externe Partner Ideen sammeln und in effizienten – teilweise automatisierten – Prozesses weiterentwickeln und umsetzen.
Gleichzeitig ist die Innovation Engine ein WissensHub für alle Mitarbeiter im Unternehmen, mit dem man eben diese Ideen und Innovationsprojekte durchsuchen kann. Auch externe Datenquellen können hier eingebunden werden, so dass Transparenz entsteht zu Trends, Patenten, StartUps, Technologien.
Für das Management ist die Innovation Engine ein Dashboard, das die finanzielle Performance aller Innovationsaktivitäten in Kennzahlen darstellt. Dazu gehören auch Drilldowns in einzelne Themen und Organisations-Units.
Sebastian Zang: Wie lange braucht es, bis die „Innovation Engine“ in einem Unternehmen zu ersten Innovationen führt? Wie lange braucht es, bis Mitarbeiter die Prozesse rund um die „Innovation Engine“ auch tatsächlich leben? Aleksandar Ivanov: Die erste Phase, das Sammeln von Ideen, geschieht relativ schnell. Das Ziel ist dabei nicht, von jedem Mitarbeiter Ideen zu bekommen, sondern die Ideen wertfrei zu sammeln und schnell in die richtigen Entscheidungsprozesse zu lenken.
Bei der Umsetzung von Innovationen wird man dagegen eine längere Lernkurve mit einer stufenweise Entwicklung durchlaufen: Man startet mit Leuchtturm-Projekten und nutzt deren Erfolge für weitere Ausbaustufen hin zu einer ausgeprägten Kultur des „Wollens“ und „Könnens“. Die Dauer dieses Lernprozesses liegt bei den meisten Unternehmen zwischen 2 und 4 Jahren.
Die Innovation Engine macht mit ihren Tools Innovation für Mitarbeiter „komfortabler“, damit man sich als Unternehmen auf die harte „Kulturarbeit“ fokussieren kann. So wird verhindert, dass Unternehmen aus „operativen“ Gründen die Geduld verlieren und aufgeben.
Sebastian Zang: Was sind – neben der „Innovation Engine“ – weitere wichtige Erfolgsbedingungen von Innovation? Reicht die Einführung einer Software wie der „Innovation Engine“ aus? Aleksandar Ivanov: Zunächst müssen formale Grundlagen gelegt werden. Dazu gehört eine Innovationsstrategie mit Zielen, Budgets & zeitlichen Roadmaps. Aus relevanten Markt- und Technologie-Trends sind Suchfelder abzuleiten, auf welche diese Ressourcen zu fokussieren sind. Bereits hier sollte man einen kollaborativen Ansatz wählen, damit der nächste Schritt auch klappt.
Die Innovationsstrategie muss nämlich gemeinsam mit Führungskräften auf Bereiche und Abteilungen runtergebrochen werden. So weiß jeder, was sein Beitrag zum großen Ganzen sein soll. Zu diesen gemeinsam beschlossenen Innovationszielen müssen sich die Führungskräfte dann committen.
Sebastian Zang: Wie geht es weiter, wenn man diese strategischen Grundlagen gelegt hat? Aleksandar Ivanov: Wenn die Grundlagen stehen, sollten Innovationsprozesse möglichst gut in das Unternehmen integriert werden, um Geschwindigkeit und Ressourcen bereitstellen zu können.
Geschwindigkeit erreicht man, indem alle Bereiche eines Unternehmens in ihren Prozesses „Innovations-Pfade“ einbauen. Zum Beispiel kann der Datenschutz für neue Piloten temporäre Ausnahmegenehmigungen erteilen. Die IT kann unkompliziert Pilot-Server bereitstellen. Der Werksleiter trommelt Kollegen zusammen, die eine Teststrecke aufbauen u.v.m.
Ressourcen für Innovationen lassen sich am leichtesten erschließen, indem man seinen Innovationsbereich in das operative Geschäft integriert. Zum Beispiel sollte die F&E Zugriff auf Produktionsressourcen haben und in derselben Führungsverantwortung stehen wie die operative Produktion. Oder im Falle eines Dienstleisters sollten Innovationsmanagement und Leistungserbringung in gemeinsamen Strukturen arbeiten. Man sitzt in denselben Meetings, arbeitet an gemeinsamen Projekten – anstatt in separaten Abteilungen zu agieren.
Wenn die beiden Welten „Innovation“ und „Operations“ lernen, gemeinsam zu handeln, ist dies ein perfektes Setup für Innovationen. Im Übrigen funktionieren auch Apple & Co. nach diesem Prinzip.
Nicht zuletzt sollten auch Vertrieb & Marketing bei Innovationen frühzeitig eingebunden werden. Beispielsweise indem sie Testläufe bei Friendly Customers organisieren oder frühzeitig Vertriebsstrategien testen.
Sebastian Zang: Wie schaut die Ausgestaltung von Innovationskultur ganz konkret bei CrowdWorx aus? Was sind die 5 wichtigsten Innovationstreiber in Ihrem Unternehmen? Aleksandar Ivanov: Als Mittelständler können wir von unserer Geschwindigkeit profitieren. Dazu gehört, dass jeder Mitarbeiter in agilen Methoden geschult ist. Somit versteht jeder das Wie und Warum unserer Prozesse.
Alle Unternehmensbereiche arbeiten in agilen Prozessen, z. B. in Sprints. Die Mitarbeiter leben das, weil sie das Wie und Warum verstanden haben. Das macht uns schnell.
Wir hören unseren Kunden zu und entwickeln gemeinsam mit ihnen Ideen, wie unsere Produkte besser werden können. Die besten Funktionen unserer Plattform entstehen aus diesen Kundeninteraktionen. Wir haben außerdem unsere „Produktion“, d.h. die Entwicklungsabteilung, mit der Leistungserbringung beim Kunden, d.h. Consulting & Service, integriert.
Last but not least: Das Management ist aktiv in Innovation involviert, d.h. es entwickelt eigene Ideen, welche die Kunden oder Mitarbeiter abschießen können. Und es hört Mitarbeitern und Kunden zu, wenn diese Ideen einreichen. Dieser Prozess ist für das Management übrigens sehr aufwandsarm, da wir ihn mit unserer Innovation Engine automatisiert haben.
Sebastian Zang: Was wären Ihre drei wichtigsten Tipps für Unternehmer, die aus ihrem Unternehmen mehr Innovation herauskitzeln möchten … neben der Einführung der „Innovation Engine“ natürlich! Aleksandar Ivanov: Wenn man bereits erste Innovationsaktivitäten im Unternehmen etabliert hat und darin nun besser werden will, würde ich folgende drei Tipps geben:
Bleiben Sie in Ihrer Kommunikation konkret: Wenn ein neues Innovationsfeld erschlossen werden soll, sprechen Sie nicht über abstrakte Potentiale und Trends, sondern am besten über konkrete Innovationen, neue Produkte von Wettbewerbern oder Erfolge aus der eigenen Innovationsarbeit.
Haben Sie keine Angst vor dem Kunden: Ein Klassiker – aber wir sehen, dass viele Unternehmen trotzdem viel zu wenig mit Ihren Kunden über neue Innovation sprechen. Hier kann man sehr viel Potential heben.
Optimieren Sie Innovationsprozesse: Das kann von einfach zu verbesserden Entscheidungskriterien bis hin zur stärkeren Integration von F&E- und Operations-Bereichen reichen.
Sebastian Zang: Lieber Herr Ivanov, vielen Dank für Ihre Zeit und dieses Gespräch! Und natürlich weiterhin gutes Gelingen für die Unternehmensentwicklung.