Vor 10 Jahren schuf Bosch auf der Hannover Messe das Buzzword Industrie 4.0. Bosch selbst hat im Jahr 2016 eine eigene IoT-Plattform gelauncht, heute gibt es über 400 IoT-Plattformen: Von Siemens Mindsphere, Cumulocity, ThingWorx bis hin zu den Angeboten der großen Public Cloud Provider wie Azure, Google Cloud und AWS. Und natürlich gibt es zahlreiche OpenSource-Projekte. So hat etwa die Stadt Barcelona das OpenSource-Projekt Sentilo umgesetzt, mit dem über 15.000 Sensoren verwaltet werden (v.a. in Smart-Metering-Anwendungen von Gebäuden und Photovoltaik-Stromerzeugern).

Nachfolgend einige ausgewählte interessante Studien rund um das (Industrial) Internet-of Things. Viel Spaß beim Schmökern!

McKinsey: Leveraging Industrial IoT and advanced technologies for digital transformation

Die Strategieberatung McKinsey legt einen Report (Umfang: 76 Seiten) vor, der sich als Anleitung für eine strategische und operationale Umsetzung einer IIoT Digitalstrategie versteht. Dabei ist diese Anleitung spezifisch für die produzierende Industrie ausgerichtet („Manufacturing Industry“).

Kaum überraschend: Natürlich analysiert McKinsey in diesem Report auch die strategische Relevanz einer IIoT Digitalstrategie. Dabei werden die Rahmenbedingungen für die IIoT Revolution (fallende Sensorkosten, ubiquitäre Verfügbarkeit leistungsstarker Konnektivität wie 4G/5G, etc.) ebenso untersucht wie das Ergebnis Impact-getriebener IIoT Strategien. Nachfolgend eine Übersicht zu Verbesserungen einiger KPI’s aus Leuchtturmprojekten:

Im Anschluss an die strategische Einordnung von Industrial IoT folgt die Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Umsetzung. Hierbei wird eine Differenzierung nach den drei Dimensionen Business (Manufacturing), Organization und Technology vorgenommen. Denn Industrial IoT ist keineswegs ausschließlich eine Frage der Technologie – ganz im Gegenteil: For many manufacturing companies, however, ‘tech selection’ may be the easy part; capturing value and scaling up impactful use cases is where the challenge lies. (…)““. Der Unterschied zwischen einem ersten erfolgreichen POC und der gesamthaften Umsetzung einer IIoT Digitalstrategie beziffert McKinsey wie folgt: “Although the implementation of initial use cases can typically be done in around six to eight weeks, a holistic transformation will take two to three years to complete (depending on scope and company size) (…)

Der Report dekliniert nun vergleichweise detailliert die Schritte durch, um eine Industrial IoT Strategie zu definieren und umzusetzen. Im ersten Schritt, der Entwicklung des Business Case geht es darum zu identifizieren, wie sich Mehrwert generieren lässt; dabei geht es zuvorderst um die Identifizierung/Entwicklung von Use Cases und deren Priorisierung. Hierzu definiert der Report etwa, was ein Use Case genau ist: “A digital and analytics IIoT use case solves a problem for the user or increases productivity, efficiency, and convenience, mostly with the help of special software. It is differentiated from a normal “ongoing improvement”-type of measure or activity by the following criteria: (1) Is significant in size (2) Is measurable in terms of impact (3) Requires investment and discrete effort (4) Requires a decision to move ahead and allocate resources.”

Für die Dimension Organization wird die Zielsetzung (nämlich: die gesamte Unternehmensorganisation per Change Management und Neuordnung der Prozesse auf die IIoT Strategie ausrichten) ebenfalls auf Leitfragen und Leitprinzipien heruntergebrochen. Es gilt etwa zu ermitteln, wo Schulungsbedarf für Mitarbeiter besteht, wo neue Kompetenzprofile durch Neuanstellungen an Bord geholt werden müssen, etc. Eben solche Leitfragen / Leitprinzipien hat der Report auch für die Dimension Technology ausgearbeitet.

Veröffentlichungsjahr: Februar 2021

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IDG Research: Studie Internet of Things 2019/2020

Welcher Anteil an Unternehmen setzt eigentlich IIoT ein? In welchen Branchen? Welche Ziele werden damit vorrangig verfolgt? – Diese und ähnliche Fragen zur Motivation und Verbreitungsdynamik von IIoT-Anwendungen finden sich in dieser Studie. Basis für die Studie sind 444 Interviews in Unternehmen aus der DACH-Region, geführt in Q4 2019.

Ein Fazit der Studie: “Die meisten Unternehmen [haben] die Möglichkeiten von IoT längst nicht ausgereizt. So konzentriert sich der Großteil der Firmen bei IoT-Projekten nach wie vor auf die Optimierung bestehender Prozesse und Produkte sowie die damit verbundenen Kostensenkungen. Weniger im Fokus steht hingegen die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle oder Services für zufriedenere Kunden, was als Zeichen eines höheren Reifegrads gesehen wird.“

Auch interessant: Wie lange dauert die Einführung einer IoT-Lösung von Konzeption bis GoLive? – Für die Definition von Use Cases benötigten sie im Durchschnitt 15,4 Monate (2018: 18,2 Monate), für die technische Analyse & Konzeption 15,1 Monate (18,6), für die Auswahl der IoT-Plattform 14 Monate (Vorjahr 17,7) und für die technische Umsetzung 17,4 Monate (Vorjahr 19,8 Monate).

Veröffentlichungsjahr: 2020

Hier geht’s zum Download: Studie Internet of Things 2019/2020

P.S.: Es gibt inzwischen die „Studie Internet of Things 2021“ der IDG (für 299,- EUR). Grundsätzliche Entwicklungstrends haben sich allerdings nicht verändert, ich halte die Studie 2019/21 für eine Orientierung noch für ausreichend.

ifo institut: Industrielle Digitalwirtschaft – B2B Plattformen

Die Studie des Ifo Instituts schafft zunächst einen Gesamtüberblick zu B2B Plattformen, die eine unternehmensübergreifende Zusammenarbeit ermöglichen. Dabei werden Marktplätze (z.B. Mercateo, Wucato) betrachtet, Daten-Marktplätze (z.B. Telekom Data Intelligence Hub) und auch IIoT-Plattformen.

Im Besonderen werden ausgewählte IIoT-Plattformen vorgestellt, nämlich die allgemeinen IIoT-Plattformen MindSphere, SAP AIN und Cumulocity IoT sowie die spezialisierten IIoT-Plattformen MIP und ondeso.

Veröffentlichungsjahr: Juli 2020

Hier geht’s zum Download: Industrielle Digitalwirtschaft: B2B Plattformen

Bitkom: Vorschlag zur systematischen Klassifikation von Interaktionen in Industrie 4.0 Systemen | Hinführung zu einem Referenzmodell für semantische Interoperabilität

Eine der zentralen Herausforderungen rund um IIoT besteht beim interoperablen Austausch von Informationen. Welchen „Informationswert“ haben Maschinendaten für eine empfangende Maschine, wie kann die richtige Interpretation der Daten sichergestellt werden? Interoperabilität ist dabei wie folgt: “Fähigkeit zur aktiven, zweckgebundenen Zusammenarbeit von verschiedenen Komponenten, Systemen, Techniken oder Organisationen. Interoperation ist realisierte Zusammenarbeit.“.

Die Interoperabilität ist geradezu ein Kernmerkmal von IIoT-Netzwerken. Warum? Das Internet (Start Anfang 1990er Jahre) arbeitete noch mit semantisch agnostischen Transportprotokollen wie HTTP, FTP, SMTP; die transportierte Information (die Webseiten) werden von Menschen empfangen und verarbeitet. Im Gegensatz dazu zielen IIoT-Netzwerke auf eine wachsende Autonomie der interagierenden (technischen, maschinellen) Komponenten ab. Die ausgetauscht Information muss darum semantisch eindeutig/zeitnah/etc. bereitgestellt werden.

Die Bitkom legt in diesem Whitepaper ein »Referenzmodell semantischer Interoperabilität« vor, das einen gemeinsamen Verständnisrahmen für die Herausforderung der Interoperabilität schafft (unidirektionaler / bidirektionaler Informationsfluss, horizontale / vertikale Interaktionen, etc.). Dabei zieht das Whitepapier im Übrigen folgendes Fazit: “Zerlegt man das Problem der aufwandsarmen Herstellung von Interoperabilität in das Problem des Informationstransports (bzw. der Kommunikation) und der Informationsverarbeitung, so stellt man fest, dass das Problem der Kommunikation vergleichsweise gut verstanden ist und standardisierte Lösungen hierfür verfügbar sind. Das Problem der aufwandsarmen Herstellung von aufeinander abgestimmter Informationsverarbeitung insbesondere in komplexen, zustandsbehafteten Applikationen, die an vielen (horizontalen) Interaktionen beteiligt sind, ist hingegen bisher weniger gut verstanden und ganz wesentlich ein Problem der Architektur der beteiligten Applikationen, die möglichst robust gegen Änderungen in einzelnen Interaktionen sein sollte.“

Veröffentlichungsdatum: Jahr 2020

Hier geht’s zum Download: Referenzmodell für semantische Interoperabilität

Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.