Worum geht’s? – Robotic Process Automation, kurz: RPA, ist aktuell der kommerziell bedeutendste Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Unter RPA fällt etwa Googles Duplex: ein Bot, der Routineanrufe tätigt. Das Unternehmen Amazon wiederum nutzt RPA, um Lebensläufe zu sichten und Top-Kandidaten zu priorisieren. Ähnlich wie Googles Duplex kann der Digital Assistant Tiān Māo (aus China) im Namen des Nutzers Anrufe tätigen. Vor allem aber ist RPA bekannt dafür, dass man damit (repetitive, manuelle) Prozesse im Unternehmen automatisieren kann.

Wie funktioniert das? – Ich habe während meiner Berufstätigkeit als IT Manager schon Dutzende von Automatisierungen im Controlling/Rechnungswesen implementiert, anfangs für weit verbreitete Excel-Applikationen. Bereits Einsteiger können mit der Makro-Aufzeichnung wiederkehrende Arbeitsschritte in MS Excel automatisieren; wenn Regeln erforderlich sind, bietet Excel mit der Makro-Programmierung (gängigste Programmiersprache: VBA) auch die Möglichkeit zur Gestaltung komplexer Workflows, auch den Zugriff auf diverse Datenquellen. Robotic Process Automation (RPA) lässt sich – vereinfacht gesprochen – als eine solche Makro-Programmierung verstehen:

Auch hier gibt es bei den bekannten Anwendungen ein Desktop Recording, so dass ein Arbeitsprozess aufgezeichnet und später automatisiert ausgeführt werden kann. RPA geht natürlich darüber hinaus, mit graphischen Benutzeroberflächen (vergleichbar Microsoft Visio) lassen sich Ablaufdiagramme erstellen, die dann automatisiert ausgeführt werden. RPA lässt sich folglich beschreiben als Programmierung eines (Software)Roboters. Bekannte RPA-Anbieter sind UIPath, Automation Anywhere, Blue Prism. In einem Blogpost (Link: HIER) habe ich ein Buch vorgestellt, das den Einsatz von RPA im Finanz-/Controllingbereich betrachtet. Hier gilt: “Unternehmensvertreter gehen heute davon aus, dass Finanzprozesse in 5 bis 10 Jahren zu weit mehr als 80 Prozent durch neue Technologien wie RPA automatisiert und digitalisiert sind.“ (S. 2).. Eine mächtige Technologie also.

In diesem Blog stelle ich nun 7 spannende RPA Start-Ups vor. Und zwar aus ganz Europa. Viel Spaß beim Schmökern!

Automade

Das Jungunternehmen aus Polen positionieren sich nicht ausschließlich als Toolentwickler und Anbieter von Robots; das Start-Up bietet auch Dienstleistungen rund um die Einführung von automatisierten Prozessen an: Dazu zählt die Analyse, welche Prozesse sich für eine Automatisierung eignen; und die Dienstleistung umfasst die Implementierung von RPA selbst. Das Unternehmen spricht übrigens nicht nur von RPA, sondern auch von RDA: Robotic Desktop Automation.

Gründung in 2017. In Warschau / Polen. Webseite: www.automade.com

OfficeBots

Der Claim des Start-Ups lautet: „We automate your boring, repetitive Office Tasks”. Hier können ganz simple Dokumentenbearbeitungsschritte automatisiert werden, etwa die Aufbereitung von Excel-Dateien. Dabei handelt es sich um sogenannte „generische“ Automatisierungsroutinen; hierfür gibt es eine umfangreiche Bibliothek. Darüber hinaus gibt es maßgeschneiderte Automatisierungsroutinen, etwa die Erstellung eines spezifischen Berichts.

Um einen Robot zu nutzen, hat das Start-Up folgenden Prozess etabliert: Es gibt für jede (generische oder maßgeschneiderte) Automatisierungsroutine eine spezifische Email-Adresse: Man schickt eine Datei (die etwa bearbeitet werden muss) an diese Email und erhält dann das Ergebnis. Vorteil: Auch Lieferanten, Kunden und derlei mehr können diesen Robot nutzen, so können auch unternehmensübergreifende Prozesse automatisiert werden. Klar ist auch, dass dieser Ansatz nicht nur Vorteile bringt, sondern mit Grenzen einher geht.

So jung das Unternehmen auch ist: Es wurde bereits von einer New Yorker Investmentfirma gekauft, nämlich von Autokatalyst. Kaufsumme: unbekannt.

Gründung in 2019. In München. Webseite: www.officebots.io

Tailent

Die Mission des rumänischen Start-Ups Tailent besteht darin, RPA den kleinen und mittelständischen Unternehmen zugänglich zu machen. Bemerkenswert: Ansprechend durchdesignte Webseite. Und nicht zuletzt aus den Testimonials von Kunden des Unternehmens wird deutlich, dass das Pricing von Tailent KMU-orientiert ist. Hier das Testimonial von Catalin Profir, CEO und Co-Founder von encorsa:

Collaborating with Tailent gives us access to a solid technology, built with dedication to the mid-market segment, but also very advantageous from a financial point of view. We can integrate this technology into packages that bring more agility, flexibility and creativity to the work of companies that want to accelerate their digital transformation, as well as easier scalability of projects as the business grows.

Gründung in 2016. In Rumänien. Webseite: www.tailent.com

Roboyo

Das Start-Up Roboyo ist eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte. Es ist der weltweit größte Anbieter von Dienstleistungen rund um Intelligente Automatisierung, mit einer Präsenz in 10 Ländern. Das Unternehmen entwickelt keine eigenen Robots, sondern berät Unternehmen bei der Automatisierung und arbeitet etwa mit RPA-Anbieter wie UI Path, BluePrism, AutomationAnywhere und weiteren zusammen. Der Claim: ”We bring together strategists, technologists, business analysts and six sigma belt wearers of every color.”

Viele Fortune 500 Unternehmen zählen zum Kunden-Portfolio, dazu ein Großteil der DAX-Unternehmen. In 2021 wurde das Jungunternehmen mit dem Deloitte Technology Fast 50 Award ausgezeichnet; damit werden 50 Wachstumschampions der Tech-Branche gewürdigt.

Gründung in 2015. In Nürnberg. Webseite: www.roboyo.de

Leapwork

Wer im Übrigen die Automatisierungsszene verfolgt, der wird feststellen, dass es eine wachsende Anzahl an Automatisierungstechnologien gibt; die Grenzen zwischen diesen Ansätzen verschwimmen auch. Neben RPA liest man auch von Hyperautomation, No-Code- oder Low-Code-Plattformen und derlei mehr. Das dänische Start-Up Leapwork etwa ordnet sich selbst ein als visual, no-code automation platform. Der Fokus auch hier: Die Automatisierung von Unternehmensprozessen.

Das Start-Up hat bereits eine Series B Finanzierung abgeschlossen (August 2021). Das Unternehmen hat bis dato ca. 72 Mio. US-Dollar eingesammelt. Die Unternehmensbewertung liegt bei stolzen 312 Mio. US-Dollar.

Der Claim: 97% Productivity gains. 90% reduction in application errors. Less than 10 minutes to build a flow.

Gründung in 2015. In Dänemark. Webseite: www.leapwork.com

Toca

Und hier noch ein Start-Up aus Wales / Großbritannien: Auch hier gilt, dass sich das Unternehmen bereits „beyond RPA“ sieht: “ Toca is a single integrated no-code apps & automation fabric that extends beyond tradition RPA, integration and low-code development platforms.”

Gründung in 2018. In Berkshire / Großbritannien. Webseite: www.toca.io

Automation Hero

Last but not least ein Unternehmen vom Seriengründer Stefan Groschupf aus Halle. Diese Unternehmensgeschichte ist auch ein Lehrstück zum Standort Deutschland bzw. Europa. Denn das Unternehmen des (deutschen) Seriengründers hat seinen Hauptsitz in den USA, aber durchaus Entwickler in Berlin und Halle.

Für die Software zur Automatisierung von Aufgaben und Prozessen hat Stefan Groschupf ca. 13 Mio. Euro eingeworben.

Gründung in 2017. Von Stefan Groschupf (gebürtig aus Halle). Webseite: www.automationhero.ai

Spannende StartUps in weiteren Branchen und Unternehmensbereichen

Author

Der Autor ist Manager in der Softwareindustrie mit internationaler Expertise: Prokurist bei einem der großen Beratungshäuser - Verantwortung für den Aufbau eines IT Entwicklungszentrums am Offshore-Standort Bangalore - Director M&A bei einem Softwarehaus in Berlin.